Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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Die Prozeßfähigkeit einer großjährigen Person wird dadurch, daß sie unter 
väterlicher Gewalt steht, die Prozeßfähigkeit einer Frau dadurch, daß sie Ehefrau 
ist, nicht beschränkt. 
Die Vorschriften über die Geschlechtsvormundschaft finden auf die Prozeß- 
führung keine Anwendung.  
§. 52. 
Einzelne Prozeßhandlungen, zu welchen nach den Vorschriften des bürger= 
lichen Rechts eine besondere Ermachtigung erforderlich ist, sind ohne dieselbe 
gültig, wenn die Ermächtigung zur Prozeßführung im Allgemeinen ertheilt 
oder die Prozeßführung auch ohne eine solche Ermächtigung im Allgemeinen 
statthaft ist. 
§. 53. 
Ein Ausländer, welchem nach dem Rechte seines Landes die Prozeßfähigkeit 
mangelt, gilt als prozeßfähig, wenn ihm nach dem Rechte des Prozeßgerichts die 
Prozeßfähigkeit zusteht. 
§. 54. 
Das Gericht hat den Mangel der Prozeßfähigkeit, der Legitimation eines 
gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozeßführung 
von Amtswegen zu berücksichtigen. 
Die Partei oder deren gesetzlicher Vertreter kann zur Prozeßführung mit 
Vorbehalt der Beseitigung des Mangels zugelassen werden, wenn mit dem 
Verzuge Gefahr für die Partei verbunden ist. Das Endurtheil darf erst er= 
lassen werden, nachdem die für die Beseitigung des Mangels zu bestimmende 
Frist abgelaufen ist.  
§. 55. 
Soll eine nicht prozeßfähige Partei verklagt werden, welche ohne gesetz- 
lichen Vertreter ist, so hat der Vorsitzende des Prozeßgerichts derselben, falls 
mit dem Verzuge Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritte des 
gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen. 
Der Vorsitzende kann einen solchen Vertreter auch bestellen, wenn in den 
Fällen des §. 21 eine nicht prozeßfähige Person bei dem Gericht ihres Aufent= 
haltsorts oder Garnisonorts verklagt werden soll. 
Zweiter Titel. 
Streitgenossenschaft. 
§. 56. 
Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder 
verklagt werden, wenn sie in Ansehung des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft 
stehen, oder wenn sie aus demselben thatsächlichen und rechtlichen Grunde berechtigt 
oder verpflichtet sind. § 57 
Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich 
klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen
	        
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