80 Zweiter Teil: Organisation des Bundes.
„Der Bundesrat beschließt über die zur Ausführung der Reichs-
gesetze erforderlichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Ein-
richtungen, soweit nicht durch Reichsgesetz etwas anderes
bestimmt ist, (wie z. B. Reichs-Verfassung Art. 50, Abs. 2) sowie
über Mängel, welche bei der Ausführung der Reichsgesetze oder der
vorstehend erwähnten Vorschriften oder Einrichtungen hervortreten.“
Im Zweifel ist also der Bundesrat das Organ, welchem das
Verordnungsrecht zusteht, für ihn streitet die Vermutung. Dabei ist
aber zu bemerken, daß ihm ein Recht, sogenannte Notverordnungen
zu erlassen, nicht eingeräumt ist. Die Reichsgesetzgebung hat sich
übrigens auf die Vorschriften in Reichs-Verfassung Art. 7, Ziff. 2
und 3 beschränkt. Sie hat in vielen Reichsgesetzen einmal den Kaiser
G. B. Reichs-Verfassung Art. 51, Abs. 2 und Art. 63, Abs. 2), ein
andres Mal den Reichskanzler, wieder ein andres Mal die Regierungen
der Einzelstaaten (z. B. in dem Einführungsgesetz zu den verschiedenen
Justizgesetzen), zur Erlassung von Verordnungen ermächtigt. Solche
können dann das Verordnungsrecht in Form von Landesgesetzen oder
von Verordnungen ausüben. Eine solche Ermächtigung muß aber, um
gültig zu sein, für die betreffenden Faktoren ausdrücklich im
betreffenden Gesetz erteilt sein. Die Formel, unter welcher solche Ver-
ordnungen erlassen werden, lautet:
„Wir Wilhelm.. verordnen auf Grund des §. des Gesetzes,
betreffend . im Namen des Reichs, mit Zustimmung des Bundesrats
was folgt.“
Zustimmung des Reichstags ist zur Erlassung von Bundesrats-
Verordnungen nicht erforderlich, auch bestehen für die Form der
Erlassung solcher keine Vorschriften.
Für die kaiserlichen Verordnungen gilt die Verordnung vom
26. Juli 1867. Die Verordnungen des Bundesrates, soweit sie nicht
der Publikation im „Reichsgesetz-Blatt“ bedürfen, werden meistens
in dem seit 1873 durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vom
23. Dezember 1872 (Reichsanzeiger 1872, No. 304) im Reichskanzler-
Amt und nun im Reichsamt des Innern erscheinenden „Zentralblatt
für das Deutsche Neich“, zum Teil auch im „Reichsgesetz-Blatt“ publiziert.
Im Uebrigen finden die über die Erlassung der Reichsgesetze
im 2. Kapitel oben aufgestellten Sätze mit dem Bemerken analoge
Anwendung, daß für die von den Einzelstaatsregierungen kraft speziellen
reichsgesetzlichen Rechtstitels erlassenen Verordnungen der Reichskanzler
nicht verantwortlich ist, sondern eben die Landesregierungen. (Erkenntis
des Reichsgerichts v. 13. Juni 1882, S. 3.)
5. Kapitel.
Die Erlasse und Verfügungen.
Als solche werden diejenigen amtlichen Anordnungen bezeichnet,
welche von einzelnen Vollzugsorganen je innerhalb ihrer Zuständigkeit