VIII. Abschnitt: Die Organisation in den Reichslanden. 177
Die Neuwahlen zu den Bezirkstagen haben in einem solchen Falle
innerhalb 3er Monate, die Neuwahlen zu dem Landesausschuß innerhalb
6 Monaten nach dem Tage der Auflösungsverordnung stattzufinden.
§ 20 Die Mitglieder des Ministeriums und die zu deren Ver-
tretung abgeordneten Beamten haben das Recht, bei den Verhandlungen
des Landesausschusses sowie in dessen Abteilungen und Kommissionen
gegenwärtig zu sein. Sie müssen auf ihr Verlangen jederzeit gehört werden.
21. Der Landesausschuß erhält das Recht, innerhalb des Be-
reiches der Landesgesetzgebung Gesetze vorzuschlagen und an ihn gerichtete
Petitionen dem Ministerium zu überweisen.
Im übrigen bleiben die in dem Gesetze betreffend die Landesgesetz-
gebung in Elsaß-Lothringen vom 2. Mai 1877 (Reichsgesetzblatt S. 491),
sowie die in dem § 8 des Gesetzes, betreffend die Einführung der Reichs-
Verfassung in Elsaß-Lothringen, vom 25. Juni 1873 (ebendaselbst S. 161)
getroffenen Bestimmungen in Geltung.
§ 22. Das Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen — Gesetz vom 3. Juli
1871 (Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen S. 2) — wird vom Ministerium in
Straßburg herausgegeben. Die im § 2 des erwähnten Gesetzes bezeich-
nete 14tägige Frist beginnt mit dem Ablaufe des Tages, an welchem das
betreffende Stück des Gesetzblattes in Straßburg ausgegeben worden ist.
Der Landes-Ausschuß ist durch §§ 105, 106 und 339: des Straf-
Gesetzbuches geschützt.
2. Kapitel.
Die Souveränetät in Elsaß-Lothringen.
Gegenüber Elsaß-Lothringen erscheint der Kaiser als der erb-
liche Vertreter der Gesamtheit der deutschen Bundes-
staaten und als solcher ist er der Träger der Landeshoheit (nicht Landesherr)
über das Reichsland. Dem Kaiser steht daher die Ausübung der Souveräne-
tät über das Reichsland zu und er übt demzufolge im Namen des Reichs
(Mot. zum Gesetz vom 4. Juli 1879, S. 165) auch die Staatsgewalt und die
landesherrlichen Rechte in Elsaß-Lothringen aus. (Vergl. auch Verordnung
vom 5. November 1894, S. 529 u. v. 23. Juli 1879, S. 281.) Das Recht der
Gesetzgebung und zwarauchin den der Reichsgesetzgebung in den Bundes-
staaten nicht unterliegenden Angelegenheiten wird jedoch vom Reiche
ausgeübt. (Gesetz vom 9. Juni 1871, 8 3, S. 212 und 8. Anl.-Bd., S. 518.)
Diese Vorschrift wurde durch das Reichsgesetz vom 2. Mai 1877,
S. 491, folgendermaßen modifiziert: Landesgesetze für Elsaß-Lothringen
einschließlich des jährlichen Landeshaushalts Etats werden mit Zu-
stimmung des Bundesrates vom Kaiser erlassen, wenn der Landes-
ausschuß denselben zugestimmt hat. (§ 1.) Die Erlassung von Landes-
gesetzen im Wege der Reichsgesetzgebung bleibt vorbehalten. Die auf
Grund dieses Vorbehaltes erlassenen Landesgesetze können nur im Wege
der Reichsgesetzgebung aufgehoben oder geändert werden. (§ 2.) Die
Nechnungen über den Landeshaushalt werden dem Bundesrat und dem
Bock, Staatsrecht. 12