II. Abschnitt: Das Neich und die Bundesstaaten. 61
Heimats= und Niederlassungsverhältnisse, desgleichen über die Kolo-
nisation und die Auswanderung nach außerdeutschen Ländern.
Diese Bestimmungen erhalten eine Modifikation durch das
Schlußprotokoll mit Bayern vom 30. November 1870 (Bundes-
gesetzbl. 1871, S. 25), welches besagt:
„adaß die Bundeslegislative auch nicht zuständig sei, das Ver-
Ghelichungswesen mit verbindlicher Kraft für Bayern zu regeln“
(Abschnitt I und Schlußprotokoll Ziff. 1), und
„daß unter der Gesetzgebungsbeugnis des Bundes über
Staatsbürgerrecht nur das Recht verstanden werden solle, die
Bundes= und Staatsangehörigkeit * regeln und den Grundsatz
der politischen Gleichberechtigun er Konfessionen durchzuführen,
da sich im Uebrigen diese Legislative nicht auf die Frage erstrecken
solle, unter welchen Voraussetzungen Jemand zur Ausübung
wokkihe Rechte in einem einzelnen Staate befsugt sei“ (Ab-
chnitt I), sowie
„daß in Anbetracht der in Ziff. 1 bezeichneten Ausnahme
von der Bundeslegislative der Gothaer Vertrag vom 15. Juli 1851
wegen gegenseitiger Uebernahme der Ausgewiesenen und Heimat-
losen, dann die sogenannte Eisenacher Konvention vom 11. Juli 1853
wegen Verpflegung erkrankter und Beerdigung verstorbener Unter-
thanen für das Verhältnis Bayerns zu dem übrigen Bundes-
giitte fortdauernde Geltung haben sollen“ (Abschnitt III § 1 des
ertrags), und endlich
„daß wenn sich die Gesetzgebung des Bundes mit dem
Immobiliar-Versicherungswesen befafen sollte, die vom Bunde
u erlassenden gesetzlichen Bestimmungen in Bayern nur mit Zu-
timmung der bayerischen Regierung Geltung erlangen können.“
(Abschnitt IV des Schlußprotokolls.)
Durch Reichs-Verfassung Art. 4, Ziff. 1 sollen nur die-
jenigen Beziehungen getroffen werden, welche sch infolge der
Niederlassungen zwischen der Gemeinde und dem Einzelnen hin-
sichtlich der Heimatserwerbung und der damit zusammenhängenden
beschränkung, dann das Gemeindebürgerrecht im engeren Sinne
ergeben, dagegen keineswegs das Recht auf freie Niederlassung
und die hiemit zusammenhängenden Rechte in Bezug auf Indigenat
und Erwerbsfreiheit, da ja alle diese Dinge sub Art. 3 und 4,
Ziff. 1 der Reichs-Verfassung unter den Begriff Freizügigkeit
fallen. (Sten. Ber. 1868, 2. Bd. S. 69).
„Unter „Kolonisation“ ist nicht gemeint, damit einen Begriff
aufzustellen, der sich auf dieses oder jenes Gebiet ausschließlich
beschränken soll. Als Motiv lag allerdings in erster Linie der
Gedanke zu Grunde, die Regelung von Flottenstationen zu sichern,
welche man von dem Augenblick an nötig hat, wo man sich über-
haupt an transatlantischen Beziehungen so beteiligen will, wie wir
es zu thun gedenken und wie wir es in Deutschland schon längst