4 $ 1. Geschichtliche Grundlagen.
II, Innere Entwicklung. Die Verfassungs-
geschichte gliedert sich in zwei Perioden: 1. die der
reichsstädtischen Ratsverfassung bis 1848; 2. die der
modernen Staatsverfassung seit 1848.
1. Die Anfänge der reichsstädtischen Rats-
verfassung liegen wie bei anderen deutschen Städten
im Dunkel. Der Rat war die gewählte Vertretung
der Bürgerschaft, die durch ihn ihren Willen kundgab
und ausübte. Äußere und innere Einflüsse führten
schon früh zu einer Stärkung der Ratsgewalt und zur
Lösung ihrer Abhängigkeit von der Bürgergemeinde,
Wenn auch eine Geschlechterherrschaft sich nicht
auf die Dauer behaupten konnte, so war doch das
Streben des Rates nach Erlangung des Selbst-
ergänzungsrechtes mit Erfolg gekrönt. Das 14. Jahr-
hundert und der Anfang des 15. waren ausgefüllt mit
Kämpfen der Ratsaristokratie mit den demokratischen
Bewegungen der aufstrebenden unteren Volksschichten;
nach mannigfachen Wechselfällen und einem vorüber-
gehenden Erfolge der Demokratie endeten sie im
Jahre 1433 unter Mitwirkung äußerer Mächte — des
Reiches und des Hansabundes — mit einem Siege
der Ratspartei.e. Das damals feierlich . errichtete
Friedensinstrument, die „Tafel“ oder „Eintracht“
genannt, sowie die etwa 100 Jahre später nach Unter-
drückung einer sozialen Revolution aufgestellte „Neue
Eintracht“ wurden fortan bis in das 19. Jahrhundert
hinein als Grundgesetze im PBürgereide von den
Bürgern beschworen. Beide enthielten nur wenige
Grundsätze der Staatsordnung. Das Wesentliche war,
daß sie die „Vollmächtigkeit“ des Rates und damit
seine Unabhängigkeit bestätigten; daneben sollten nach
der Tafel die althergebrachten Rechte der Gemeinheit,
Kaufleute, Ämter und Zünfte nicht beeinträchtigt
werden. Die Dehnbarkeit dieser Bestimmungen gerade
ermöglichte ihr jahrhundertelanges Bestehen mit