5. Kapitel. Die Preisbildung im Verkehrswesen. 111
Verkehrs einwirken, wie in einem Lande mit dichtmaschigem Netze, wo
nach allen Seiten hin und von allen Seiten her das bisher zurückge-
haltene Verkehrsbedürfnis in die Erscheinung treten kann. Weiterhin
ist auch die häufigere Benutzbarkeit, die erhöhte Schnelligkeit und Be-
duemlichkeit des Verkebrs geeignet, den Verkehrsumfang selbst bei den
alten Preisen zu steigern. Das Maß der Preisherabsetzung ist selbst-
verständlich ebenfalls von nicht geringem Einfluß. Eine starke Herab-
setzung wird — wenn sonst die Voraussetzungen für eine Verkehrs-
steigerung vorhanden sind — am deutlichsten den Verkehrszuwachs
hervortreten lassen. Je weniger bisber die Frachtsätze geeignet waren,
den Massenverkehr zu begünstigen, desto stärker wird sich eine An-
näherung der Frachtsätze an die Bedilrfnisse dieses Verkehrs in umfang-
reicheren Verkehrsleistungen Ausdruck verschaffen. Auch spielt der
Wert der Beförderungsgegenstände (oder beim Personenverkehr die
Zahlungsfähigkeit) eine großbe Rolle. Bei geringwertigen Gütern ist an
sich die Aussicht auf starke Verkehrszunahme viel gröbßer, als bei
hochwertigen.
In den ersten Zeiten der Eisenbahnen und Dampfschiffe ist man
geneigt gewesen, die verkehrschaffende Wirkung der Verkehrsverbilligung
und Verkehrsverbesserung sehr hoch anzuschlagen. Das erklärt sich
zum guten Teil daraus, dab gegenüber den vorherigen unvollkommenen
Zuständen vielfach geradezu überraschende Verkehrssteigerungen ein-
traten, was ja durchaus natürlich war. Erst später hat man die Grenzen
der verkehrschaffenden Wirkung und ihre Abhbängigkeit von den be-
stchenden Gesamtverhältnissen mehr erkannt und gewürdigt.
Auf der anderen Seite wirkt der Umfang des Verkebhrs auf die
Höhe der Frachtpreise ein. Miu den vorhandenen Verkehrsanlagen und
Betriebsmitteln kann ein bestimmtes Höchstmaß von Verkehrsleistungen
bewältigt werden, ohne dab die allgemeinen Unkosten in entsprechender
Weise wachsen. Bei dichtem und lebhaftem Verkehr innerhalb dieser
Grenzen der Leistungsfähigkeit entfällt auf die einzelne Verkebrsleistung
ein geringerer Betrag allgemeiner Unkosten, und deshalb kann der Fracht-
satz für die einzelne Verkehrsleistung niedriger sein, als bei schwachem
Verkehre, der die volle Ausnutzung der Leistungsfähigken der vor-
handenen Verkehrsanlagen und Betriebsmittel nicht ermöglicht; es besteht
also eine Wechselwirkung zwischen Frachtsatz und Verkehrsumfang.
So lange die vorhbandenen Anlagen und Betriebsmittel ausreichen, den
gesteigerten Verkehr zu bewältigen, ist im allgemeinen auch eine günstige
Rückwirkung der Verkehrszunahme infolge der Frachtermähigung auf
die Ertragsverhältnisse zu erwarten. Müssen aber die Anlagen und Be-
triebsmittel vermebrt werden, um den gesteigerten Verkehr zu bewältigen,
30 kann der Fall eintreten, daß die Verkehrssteigerung nicht ausreicht,
den Ertrag günstiger zu gestalten, weil der gesteigerte Verkehr nicht