Full text: Die Ausweisung fremder Staatsangehörigen vom völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Standpunkte.

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„Beaufsichtigung“ und der „Fremdenpolizei“ im Sinne des Art. 4 der 
Reichsverfassung sein, welcher er will. 
Aus dem Controlrechte des Reiches folgt aber noch nichts dafür, 
welches Organ zuständig ist. 
Ein kaiserliches Recht liegt hier nicht vor. 
Zwar hat der Kaiser nach Art. 11 der Reichsverfassung das Reich 
völkerrechtlich zu vertreten, so daß dem Auslande gegenüber als Träger 
der Reichsgewalt nur der Kaiser in Betracht kommt. Aber hier handelt 
es sich um das Verhältniß von Reich und Einzelstaat. Welche Maß- 
regeln der Reichsgewalt gegenüber den einzelnen Staaten die völkerrecht- 
liche Vertretung des Reiches nach außen nothwendig macht, ist eine be- 
sondere Frage des inneren Staatsrechtes. Trotz der Befugniß des Kaisers 
zur Kriegserklärung kann er daher z. B. das bayerische Heer nicht selbst 
mobilisiren. 
Nach Art. 17 der Reichsverfassung steht ferner dem Kaiser die 
Ueberwachung der Ausführung der Reichsgesetze zu. Um eine Ausführung 
von Reichsgesetzen handelt es sich aber nur bei Ausweisungen nach Maßgabe 
des Strafgesetzbuches, die schwerlich jemals zu internationalen Konflikten 
führen können. Im Uebrigen ist das Ausweisungsrecht reichsrechtlich 
nicht geregelt. Die Einzelstaaten handeln entweder nach Maßgabe landes- 
gesetzlicher Bestimmungen oder innerhalb des Kreises der gesetzlich über- 
haupt nicht geregelten freien Verwaltung. Hier kann also von einer 
Ausführung von Reichsgesetzen, deren Ueberwachung dem Kaiser zustände, 
nicht die Rede sein. 
Irgend welche sonstigen kaiserlichen Befugnisse kommen gleichfalls 
nicht in Frage. Der Kaiser kann also nicht das zuständige Reichs- 
organ sein. 
Der Reichskanzler bildet nicht selbst einen der verfassungsmäßigen 
Faktoren des Reiches, sondern nur das verantwortliche Organ des Kaisers 
für die Reichsregierung und die Spitze der eigenen Reichsverwaltung, 
die durch ihn unter dem Kaiser steht. Schon aus diesem Grunde kann 
der Reichskanzler nicht weitergehende Befugnisse haben als der ver- 
fassungsmäßige Faktor der Reichsgewalt, dem er dient, der Kaiser. 
Trotz der Ueberordnung des Reiches über den Einzelstaat besteht 
daher keine Ueberordnung der Reichsverwaltung über die einzelstaatliche 
Verwaltung, sondern Beide sind einander nebengeordnet. Nur soweit die 
Landesbehörden Reichsgesetze ausführen und somit als mittelbare Organe 
des Reiches handeln, kann der Reichskanzler als Organ des Kaisers ihre 
Thätigkeit überwachen. 12 Die Ueberordnung beschränkt sich also auf 
12) Vgl. Laband a. a. O. Bd. 1, S. 675 ff.
	        
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