Full text: Die Ausweisung fremder Staatsangehörigen vom völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Standpunkte.

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die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Landesverwaltung, soweit diese 
Reichsrecht anzuwenden hat. Im Uebrigen stehen Reichsverwaltung und 
Landesverwaltung außerhalb jedes organischen Zusammenhanges. Bismarck 
hat sich stets auf das Entschiedenste der Forderung nach verantwortlichen 
Bundes= und Reichsministerien im Sinne der einzelstaatlichen Verwaltung, 
d. h als obersten Abschlusses der Verwaltungsorganisation widersetzt, 
weil dies zu einer Mediatisirung der Einzelstaaten führen würde. Ent- 
gegen den ursprünglichen Plänen ist dann allerdings unter dem Reichs- 
kanzler eine oberste Reichsverwaltung begründet worden, aber ohne ihr 
die einzelstaatliche Verwaltung unterzuordnen. Reichsverwaltung und 
Landesverwaltung bewegen sich im Allgemeinen nebeneinander wie zwei 
concentrische Kreise, die sich nirgends berühren. Der Reichskanzler wird 
daher wohl darauf hinweisen können, wenn aus der einzelstaatlichen 
Politik Mißstände für das Reich zu erwachsen drohen. Irgendwie selbst 
zu handeln, ist die Reichsregierung gar nicht in der Lage, soweit nicht 
die mangelhafte Ausführung von Reichsgesetzen, im vorliegenden Falle 
also die Ausweisung auf Grund des Strafgesetzbuches in Betracht kommt. 
Nur auf dem Gebiete der eigenen Reichsverwaltung kann aber eine so- 
genannte parlamentarische Verantwortlichkeit des Reichskanzlers und 
seiner Vertreter dem Reichstage gegenüber bestehen. Rechtsbeständigkeit 
und Tragweite dieser parlamentarischen Verantwortlichkeit ist ja überhaupt 
sehr problematisch. Daß der Reichstag kein Mittel hat, sie durch ein 
Mißtrauensvotum, das den Rücktritt des Reichskanzlers bedingte, oder 
anderweit zur Geltung zu bringen, ist zweifellos. Gleichwohl hat sich 
ein festes Herkommen dahin entwickelt, daß die Reichsregierung gelegent- 
lich der Etatsberathung oder auf Grund besonderer Interpellationen dem 
Reichstage über ihre Politik Auskunft ertheilt und sie vertritt. Hierfür 
die Anerkennung des Reichstages zu gewinnen, muß der Reichsregierung 
angesichts der beständigen Wechselbeziehungen zwischen Regierung und. 
Gesetzgebung erwünscht sein. In diesem Sinne kann man von einer 
parlamentarischen Verantwortlichkeit des Reichskanzlers überhaupt sprechen. 
Diese geht natürlich nur soweit wie seine Zuständigkeit. Sie erstreckt 
sich daher auf die Ueberwachung der Ausführung der Reichsgesetze, 
soweit diese der Landesverwaltung anheimfällt, und im Uebrigen nur auf 
die eigene Verwaltung des Reiches. Wo dagegen Jemand zu handeln 
gar nicht befugt ist, kann er auch nicht mehr verantwortlich sein. Ein 
Versuch des Reichstages, bei der Etatsberathung oder durch Interpellationen 
den Reichskanzler verantwortlich zu machen für Handlungen einer einzel- 
staatlichen Regierung, die nicht zur Ausführung von Reichsgesetzen dienen 
sollen, bedeutet daher nichts anderes als verfassungswidrig den Reichs- 
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