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Kapitel VI. Hauptgrundsätze der Staatsverwaltung.
8 31. Der Staatsdienst.
Solange die Landeshoheit selbst nur eine Vereinigung von
wesentlich nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilenden Be—
fugnissen war, konnte auch der Dienst für den Landesherrn nur
einen privatrechtlichen Charakter, hauptsächlich den des Dienst-
vertrags, haben. Erst die absolute Monarchie des 17. Jahrhunderts
hat diese privatrechtlichen Fesseln zersprengt durch den Anspruch.
auf ein willkürliches Entlassungsrecht. In einem umfassenden
Systeme der Prüfungen, der allmählichen Festlegung der Amts-
pflichten und dem Übergange von der Naturalwirtschaft zur Geld-
wirtschaft prägt sich die Verwaltungspraxis des 18. Jahrhunderts.
aus. Auf dieser Grundlage erfolgte die erste Kodifikation des
Beamtenrechts im preußischen ALR. von 1794 II, 10.
Die Verfassungsurkunden enthalten vielfach einige oberste
Grundsätze des Beamtenrechts, so die preußische Art. 86 ff., 98.
Das ist aber nur formelles Verfassungsrecht, das seinen weiteren
Ausbau in Verwaltungzgesetzen erfährt. Viele Einzelstaaten haben
ihr Beamtenrecht einheitlich kodifiziert. In Preußen gilt noch
immer das ALR. II, 10 mit zahlreichen Ergänzungen, namentlich
den Disziplinargesetzen von 1851 und 1852.
Der Staatsdienst besteht in einem umfassenden Pflichtver-
hältnisse des Beamten gegenüber dem Staate, vermöge dessen der
Beamte zu ungemessenen Diensten einer bestimmten Art verpflichtet
ist. Alles andere ist gleichgültig, so insbesondere, ob der Beamte
überhaupt ein Amt bekleidet, die Lebenslänglichkeit, die Berufs-
mäßigkeit, die Besoldung. Da der Staat sich in der privatwirt-
schaftlichen Sphäre die erforderlichen Dienste auch privatrechtlich
verschaffen kann, ist es vielfach eine Frage des einzelnen Falles,
ob überhaupt ein Beamtenverhältnis vorliegt. Nicht zu den Be-
amten zählen die Hofbeamten, da sie in einem privatrechtlichen
Dienstverhältnisse zum Landesherrn stehen. Die Militärpersonen
andererseits unterliegen einer besonderen rechtlichen Ordnung.
Die Beamten zerfallen in unmittelbare und mittelbare, je
nachdem sie im Dienste des Staates oder öffentlicher Korporationen