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Faktor der Gesetzgebung das freie Recht der Zustimmung oder der
Ablehnung bei jedem Gesetze hat.
Aushilfsmittel bieten hier in Preußen die Notberordnung
nach Art. 63 VU., im Reiche Indemnitätsverfahren oder provisorische
Gesetze bis zum Zustandekommen des Etats. Doch diese Mittel
reichen nicht aus.
Die Einnahmen sind im allgemeinen vom Etat unabhängig,
werden also auch ohne diesen forterhoben, was hinsichtlich der Steuern
durch Art. 109 VU. in Preußen ausdrücklich anerkannt ist. Nur
die Matrikularbeiträge des Reiches, die das Budget zur Voraussetzung
haben, würden nicht erhoben werden können. Andererseits wäre
aber das Reich mit Rücksicht auf die notwendig zu leistenden Aus-
gaben nicht in der Lage, Uberweisungen vorzunehmen.
Von den Ausgaben sind die rechtlich notwendigen gleichfalls
vom Etat unabhängig, also unter allen Umständen zu leisten. Hin-
sichtlich der übrigen Ausgaben fällt die im Etatsgesetze liegende
Instruktion fort. Da nun eine Behörde ohne Instruktion nicht über-
haupt handlungsunfähig ist, sondern unter eigener Verantwortlichkeit
zu handeln hat, so heißt das nicht etwa, daß diese Ausgaben nicht
geleistet werden dürfen, sondern daß die Behörde sie bei der Rechnungs-
kontrolle rechtfertigen muß.
Die Rechnungskontrolle wird geübt durch die Oberrechnungs-
kammer, deren Begründung 1714 erfolgte. Nach Wiederherstellung
des Staates wurde sie am 22. Februar 1817 reorganisiert mit
Instruktion am 18. Dezember 1824. Der gegemwärtige Rechtszustand
beruht auf Art. 104 Vll., dem Gesetze vom 27. März 1872 und
dem Komptabilitätsgesetze vom 11. Mai 1898.
Die Oberrechnungskammer ist eine dem Könige unmittelbar
untergeordnete, den Ministern gegenüber selbständige Behörde zur
rechnerischen und sachlichen Kontrolle aller Einnahmen und Aus-
gaben des Staates. Es werden der Präsident auf Vorschlag des
Staatsministeriums, die Direktoren und Räte auf Vorschlag des
Präsidenten unter Gegenzeichnung des Präsidenten des Staats-
ministeriums ernannt. Sie dürfen nicht Mitglieder eines der beiden
Häuser des Landtages sein und sind hinsichtlich der Disziplin den
richterlichen Beamten gleichgestellt.