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3. In einem Falle schafft die Anerkennung eines Rechtssatzes
objektives Recht, nämlich wenn die Voraussetzungen des f. g. Ge-
wohnheitsrechts eintreten. Die Anerkennung eines Rechtssatzes von
Seiten der Mitglieder einer Gemeinschaft, wenn dieselbe in einer
auf die geistige Einwirkung der Gemeinschaft zurückzuführenden
Ueberzeugung begründet ist, und wenn sie im Rechtsleben durch
dieser Ueberzeugung entsprechende Handlungen sich vollzogen hat,
bewirkt die rechtliche Geltung jenes Satzes. Die Anerkennung er-
folgt hier in der Form der Uebung; aber die Uebung ist nur rechts-
bildend, insofern ihr die Ueberzeugung zu Grunde liegt.
II. Wenden wir uns nun dazu, die Bedeutung der Anerken-
nung in dem eben festgestellten Begriff speciell für unsere Frage
darzulegen, so sehen wir, daß eine Voraussetzung jeder Anerkennung
im Fall der Usurpation einer Staatsgewalt regelmäßig vorliegen
wird: der Usurpator wird wohl immer ein Herrschaftsrecht präten-
diren oder eine solche Prätension muß mindestens, sobald er seinen
einzelnen Akten rechtliche Wirkung zuschreibt, angenommen werden.
Im Uebrigen aber ist, gemäß unserer vorhergehenden Betrachtung,
zu unterscheiden:
4. Spricht sich in der Anerkennung dieses Rechts von Seiten
Anderer ein Wille aus, dasselbe, wenn es nicht begründet sein sollte,
zu schaffen, so muß der Wille in der Person sich finden, die zur
Uebertragung der Staatsgewalt befugt ist, und in den zu einer
solchen Uebertragung nöthigen Formen sich äußern. Eine weitere
Erörterung dieses Falles gehört nicht hierher, weil in demselben nicht
die Anerkennung das rechtschaffende Moment ist.
2. Insofern das anerkannte Recht, ohne Rücksicht auf den Wil-
len des Anerkennenden, nur in Folge des Eingeständnisses seiner
Existenz für wahr gelten soll, muß diese Fiction durchaus auf einem
positiven Rechtssatz beruhen ). Ferner ist erforderlich, daß der
Anerkennende über das betreffende Recht zu verfügen berechtigt ")
oder gerade zur Entscheidung solcher Rechtsfragen berufen sei“);
184) Dies ist begründet durch die Natur der Fiktion; da dieselbe auf keiner
logischen Nothwendigkeit beruht, so bedarf sie einer äußern Sanktion.
185) Namentlich in Bezug auf das gerichtliche Geständniß ist diese Beschräu-
kung allgemein angenommen; sie ist unentbehrlich, weil sonst durch wissentlich
unbegründete Anerkennung der rechtliche Mangel der Veräußerungsbefugniß um-
gangen werden könnte.
186) Auf dieser öffentlichrechtlichen Stellung des Richters beruht die Kraft
seines Urtheils.