Das Staatsgebiet und seine Bewohner. 11
Staatsbürgerrecht betreffend, jetzt vom 15. Dezember 1902,
mit Nachtrag vom 31. Juli 1907, neu bekannt gemacht unter
dem 2. Oktober 1907 (siehe unten S. 28); durch dies Gesetz
wurde dasjenige vom 28. November 1870 über den gleichen
Gegenstand aufgehoben. Während letzteres den Erwerb des
Bürgerrechts unter anderem von der Zahlung einer Gebühr und
der Entrichtung eines Stempels abhängig machte, beseitigte das
Gesetz vom 15. Dezember 1902 in dem Bestreben, die Zahl der
Bürger zu vergrößern, jede derartige Schranke: danach sollte
grundsätzlich jeder volljährige oder für volljährig erklärte
männliche Angehörige des lübeckischen Freistaates berechtigt
sein, gegen Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen (Voll-
jährigkeit, Staatsangehörigkeit, Leistung des Bürgereides) die
Erteilung des lübeckischen Staatsbürgerrechtes zu begehren.
Der Zweck dieser Änderung wurde erreicht: die Zahl der
Bürger erfuhr in den Jahren 1902—1905 eine erhebliche
Steigerung. Aber zugleich wuchs damit die Gefahr, deren
Erkenntnis zu der unten S. 27ff. zu besprechenden Ver-
fassungsrevision von 1905 führte. Brachte letztere eine Ein-
schränkung des allgemeinen gleichen Bürgerschaftswahlrechts,
so schien auch die Aufstellung erschwerender Voraussetzungen
für den Erwerb des Bürgerrechts geboten. Durch Nachtrag
vom 19. Februar 1906 wurde bestimmt, daß zum Erwerb des
Bürgerrechts nur diejenigen lübeckischen Staatsangehörigen
berechtigt sein sollten, die seit mindestens fünf aufeinander
folgenden Jahren ihren Wohnsitz im lübeckischen Staatsgebiet
gehabt und während dieser Zeit alljährlich Einkommensteuer
bezahlt hätten. Die letztere Voraussetzung ist durch den
Nachtrag vom 31. Juli 1907 dahin bestimmt worden, daß all-
jährlich so viel an Einkommensteuer gezahlt sein muß, als
für ein Einkommen in Höhe des niedrigsten steuerpflichtigen
Betrages zu entrichten gewesen ist, und daß Steuerbeträge,
von deren Zahlung der Steuerpflichtige aus einem gesetzlichen
Grunde befreit worden ist, als gezahlt angesehen werden. Eine
Ausnahme in bezug auf die Erfordernisse des Wohnsitzes und
der Zahlung von Einkommensteuer besteht für Beamte und
Notare (Abs. 2 des Art. 3 in der Fassung vom 31. Juli 1907).
Das hängt damit zusammen, daß nach $ 10 Abs. 4 des Be-
amtengesetzes in der Fassung vom 29. April 1899 die auf