34 Das Christenthum unter den Germanen und Slaven.
und Gartengewächse angebaut werden, und wurden auch in dieser Hin-
sicht Lehrer des Volkes; die meisten von ihnen gründeten auch wahre
Volksschulen für jene Zeiten, nämlich Klöster.
Die Klöster.
Der Benediktinerorden.
Fast alle Glaubensboten begaben sich in den einsamen Wald und
bauten sich dort eine Hütte. Schon bei ihren Lebzeiten gesellten sich
gleichgesinnte Männer zu ihnen; da zeigte sich nun eine Waldlichtung,
man sah einen Gemüsegarten, auf hölzernen Hütten das Kreuz. Bald
vereinigten sich die meisten dieser Männer zu einer gemeinsamen Lebens-
ordnung. Eine solche Ordnung hatte Benedikt von Nursia 529 in
Unteritalien gestiftet; es ist dieses der Benediktinerorden, dessen Regel
sich kurz dahin zusammenziehen läßt: Bete und arbeite! Diese alten
Klöster waren die einsamen Leuchten, von denen neubelebende Strahlen
in die deutschen Wälder ausgingen, sie waren die Stützpunkte der christ-
lichen Religion, die Bildungsstätten unserer Väter. Statt allgemein zu
erzählen, wollen wir eines der berühmtesten Klöster, St. Gallen, be-
schreiben, wobei vorausgesetzt wird, daß niemand sich vorstelle, das
Kloster sei urplötzlich so gewesen, wie es hier geschildert wird.
St. Gallen erhielt Grund und Boden durch die Wohlthätigkeit
reicher Herren und als Mitgift von solchen, welche in das Kloster ein-
traten. Es hatte Aecker, Wiesen und Waldungen, und zahlreiche Mönche
bewohnten die Stiftsgebäude (im J. 895 zählte St. Gallen 42 Priester,
24 Diakonen, 15 Subdiakonen, 20 Laienbrüder). Alle hatten die gleiche
Lebensweise und dieselbe Kleidung und mußten zu den bestimmten Stun-
den bei Tag und Nacht zum Gebete im Chore erscheinen. Sonst waren
ihrer Geschäfte gar mancherlei. Die einen bauten Garten und Feld,
andere trieben Handwerke, und wieder andere widmeten sich der Wissen-
schaft und Kunst. Aus Thierhäuten bereiteten sie sich das Pergament,
milchweiß und fein wie Postpapier, und darauf schrieben sie sehr zierlich
die Schriften der alten Griechen und Römer und der Kirchenväter ab,
oder sie verfaßten eigene Werke, oder sie übersetzten. Die Mönche
arbeiteten dabei einander in die Hände; die einen machten Pergament
und Tinte; andere schrieben ab in großen einzeln stehenden Buchstaben,
andere verglichen die Abschrift, und wieder andere banden die Bücher
in eichene, oft zolldicke Bretter, die mit Leder, Pergament, Elfenbein ꝛc.
überzogen wurden. Die Anfangsbuchstaben sind besonders sorgfältig ge-
macht; sie sind groß, schön geblümt und ausgemalt, oft mit Goldfarbe,
und noch jetzt, nach mehr als 1000 Jahren, seitdem der erste Mönch
Feder und Pinsel weggelegt hat, sind Farbe und Glanz frisch wie von