fullscreen: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

178 Anhang. Anlage Nr. 2. 
Die besonderen Gesetze und Privilegien einzelner Ortschaften und 
Bezirke, welche Aufenthaltsbeschränkungen gestatten, werden hiermit 
aufgehoben. 
§ 4. Die Gemeinde ist zur Abweisung eines neu Anziehenden nur 
dann befugt, wenn sie nachweisen kann, daß derselbe nicht hinreichende 
Kräfte besitzt, um sich und seinen nicht arbeitsfähigen Angehörigen den 
notdürftigen Lebensunterhalt zu verschaffen, und wenn er solchen weder 
aus eigenem Vermögen bestreiten kann, noch von einem dazu verpflichteten 
Verwandten erhält. Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, diese Be- 
fugnis der Gemeinden zu beschränken. 
Die Besorgnis vor künftiger Verarmung berechtigt den Gemeinde- 
vorstand nicht zur Zurückweisung. 
8 5. Offenbart sich nach dem Anzuge die Notwendigkeit einer 
öffentlichen Unterstützung, bevor der neu Anziehende an dem Aufent- 
haltsorte einen Unterstützungswohnsitz (Heimatrecht) erworben hat, und 
weist die Gemeinde nach, daß die Unterstützung aus anderen Gründen, 
als wegen einer nur vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit notwendig ge- 
worden ist, so kann die Fortsetzung des Aufenthalts versagt werden. 
8 6. Ist in den Fällen, wo die Aufnahme oder die Fortsetzung des 
Aufenthalts versagt werden darf, die Pflicht zur ÜUbernahme der Für- 
sorge zwischen verschiedenen Gemeinden eines und desselben Bundes- 
staates streitig, so erfolgt die Entscheidung nach den Landesgesetzen. 
Die tatsächliche Ausweisung aus einem Orte darf niemals erfolgen, 
bevor nicht entweder die Annahmeerklärung der in Anspruch genom- 
menen Gemeinde oder eine wenigstens einstweilen vollstreckbare Ent- 
scheidung über die Fürsorgepflicht erfolgt ist. 
§ 7.5) Sind in den in §5 bezeichneten Fällen verschiedene Bundes- 
staaten beteiligt, so regelt sich das Verfahren nach dem Vertrage wegen 
gegenseitiger Verpflichtung zur Ubernahme des Auszuweisenden d. d. 
Gotha, den 15. Juli 1851, sowie nach den späteren, zur Ausführung 
dieses Vertrages getroffenen Verabredungen. 
Bis zur Übernahme seitens des verpflichteten Staates ist der Auf- 
enthaltsstaat zur Fürsorge für den Auszuweisenden am Aufenthaltsorte 
nach den für die öffentliche Armenpflege in seinem Gebiete gesetzlich 
bestehenden Grundsätzen verpflichtet. Ein Anspruch auf Ersatz der für 
diesen Zweck verwendeten Kosten findet gegen Staats-, Gemeinde= oder 
andere öffentliche Kassen desjenigen Staates, welchem der Hilfsbedürftige 
angehört, sofern nicht anderweitige Verabredungen bestehen, nur inso- 
*) Der § 7 kommt nur Bayern (§ 1 Unterst.-Wohnsitzgesetz) gegenüber 
zur Anwendung. Für die übrigen Bundesstaaten vgl. §§ 37 Abs. 2 und 38—51 
des Unterst.-Wohnsitzgesetzes.
	        
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