Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

30 II. Abschnitt. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. S 4. 
in dem sie geboren sind. Mit Rücksicht hierauf ist vom Kgl. Preuß. Ministerium 
des Innern durch die Runderlasse vom 30. Sept. und 23. Okt. 1903, sowie 
vom 27. Sept. 1906 (MBl. i. V. 1906 S. 275) verfügt worden, daß bei Ge- 
burten unehelicher Kinder von einer dem französischen Rechtsgebiet angehörigen 
Ausländerin (Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande) die 
Ortspolizeibehörde — nötigenfalls unter Androhung von Ausweisungsmaß- 
regeln — beizeiten darauf hinzuwirken habe, daß die unehelichen Kinder 
durch die Mutter gerichtlich oder notariell anerkannt werden (s. Anhang Anl. 
Nr. 6). 
In allen diesen Fällen besitzt ein von einer Deutschen in den vorbezeichneten 
Ländern außerehelich geborenes und daselbst nicht ausdrücklich anerkanntes 
Kind nach dem Reichsgesetze vom 1. Juni 1870 die Staatsangehörigkeit der 
Mutter, ist also nach deutschem Recht Deutscher, während ihm nach dem aus- 
ländischen Gesetze die ausländische Staatsangehörigkeit zuerkannt wird, so 
daß hier ein Fall unfreiwilliger Doppelstaatsangehörigkeit vorliegt. 
4. Der Mutter. 
Hat die Mutter auf Grund des § 17 Ziff. 6 dieses Gesetzes durch Ver- 
heiratung mit dem Angehörigen eines anderen Bundesstaates oder mit einem 
Ausländer ihre bisherige Staatsangehörigkeit verloren, so verbleibt dem un- 
ehelichen Kinde die durch Geburt erlangte Staatsangehörigkeit, vorausgesetzt, 
daß es nicht in Gemäßheit des § 17 Ziff. 5 legitimiert wird. Ebenso wird durch 
die Entlassung der Mutter aus der bisherigen Staatsangehörigkeit diejenige 
des unehelichen minderjährigen Kindes nicht berührt (s. Erl. des preuß. Min. d. J. 
vom 5. Juli 1850, MBl. S. 210), es sei denn, daß seine Entlassung durch den 
gesetzlichen Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts besonders 
nachgesucht wird. 
In einigen Ländern wird das uneheliche Kind einer Ausländerin durch 
die bloße Anerkennung des inländischen Vaters Inländer; so in Belgien, Bul- 
garien, Frankreich, Griechenland, Italien, den Niederlanden, der Schweiz, 
Japan, China und Kostarika (vgl. Teil II Ausland). Also auch in diesen Fällen 
besitzt das uneheliche Kind, wenn die Mutter eine Deutsche ist, eine doppelte 
Staatsangehörigkeit. 
Besonders zu erwähnen ist noch, daß ein außerhalb des britischen 
Gebietes von einer britischen Untertanin unehelich geborenes Kind nicht die 
Eigenschaft eines britischen Untertanen besitzt. „According to the law of England 
Ga child having been born out of the British dominions and being ilegitimate, 
is not a British subject.“ (Amtliche Mitteilung.) 
5. Findelkinder. 
a) In der 3. Auflage meines Kommentars hatte ich bereits darauf hin- 
gewiesen, daß bei der demnächstigen Abänderung des Reichs- und Staats- 
angehörigkeitsgesetzes auch eine gesetzliche Bestimmung über die Staatsange- 
hörigkeit der auf deutschem Boden aufgefundenen Kinder unbekannten Familien- 
standes geschaffen werden müßte. In dem Regierungsentwurf ist eine ent- 
sprechende Bestimmung nicht enthalten gewesen. So hat denn die Reichstags- 
8 4.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.