Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

32 II. Abschnitt. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. 8 5. 
1. nach den deutschen Gesetzen wirksam. 
a) In dem Gesetze vom 1. Juni 1870 hieß es: „durch eine den gesetzlichen 
Bestimmungen gemäß erfolgte Legitimation“". In der neuen Fassung wird 
klar ausgedrückt, daß die Legitimation den deutschen Gesetzen gemäß bewirkt 
sein muß. Dies ist als eine wesentliche Verbesserung zu erachten. Aller- 
dings wird die Gültigkeit der Legitimation nicht bestritten werden können, 
wenn dieselbe im Auslande durch nachfolgende Ehe begründet und letztere in 
der am Ort ihrer Vollziehung gültigen Form geschlossen ist (Art. 22, 11 E. 
z. BGB.). 
bo) Do jedoch bei allen vor dem Jahr 1900, also vor Einführung d. BGB., 
erfolgten Legitimationen die verschiedenartigen Gesetze der einzelnen Bundes- 
staaten auch jetzt noch zugrunde zu legen sind, wird es angezeigt erscheinen, 
hier zum Ausdruck zu bringen, daß auch schon vor dem Inkrafttreten des 
Bürgerlichen Gesetzbuches die Worte des Reichsgesetzes vom 1. Juni 1870 
„den gesetzlichen Bestimmungen gemäß“ dahin aufzufassen waren, daß hiermit 
nur die gesetzlichen Bestimmungen des Staates gemeint sein können, dem 
der legitimiernde deutsche Vater angehört. 
Aus den Motiven zu § 4 des Gesetzes vom 1. Juni 1870 geht auch 
hervor, daß man für die Erwerbung der Staatsangehörigkeit durch Legiti- 
mation nur die in Deutschland bestehenden Gesetzgebungen im Sinne hatte; 
denn in den Motiven heißt es ausdrücklich: 
„Die Frage, ob eine Legitimation rechtlich erfolgt sei, wird nach den 
Landesgesetzen zu beurteilen sein.“ Also nach den Gesetzen des Landes, 
dem der legitimierende Vater angehört. „Allerdings“, heißt es in den Motiven 
weiter, „bleibt hiernach eine gewisse Rechtsungleichheit insofern bestehen, als 
die Gesetzgebungen der einzelnen Bundesstaaten über die Legiti- 
mation sowohl in materieller als auch in formeller Beziehung voneinander 
abweichen.“ 
So ist zum Beispiel, wie Bazille und Köstlin (a. a. O. zu § 4 Anm. 5 
S. 201) erwähnen, die Legitimation eines in Württemberg wohnhaften Badeners 
aus dem Grunde nicht anerkannt worden, weil derselben dem § 331 des Badischen 
Landrechts gemäß die Anerkennung des legitimierenden Vaters nicht voraus- 
gegangen war. Laband hat seine frühere Ansicht (3. Aufl. Bd. I S. 147 
Nr. 2), daß für die Legitimation die Gesetze des Ortes entscheidend seien, 
wo der Vater zur Zeit der Legitimation seinen Wohnsitz hat, dahin modifiziert 
(5. Aufl. 1 S. 165), daß nur im Zweifel die Gesetze des Wohnsitzes des 
Vaters zur Zeit der Legitimation entscheiden. 
In einem bei dem Auswärtigen Amt zur Sprache gebrachten Sonderfalle 
ist die Gesetzmäßigkeit einer Legitimation, welche durch die nachfolgende in 
Rußland vollzogene Ehe einer Russin mit einem Preußen bewirkt worden ist, 
preußischerseits anerkannt worden. Allerdings hat der russische Staat, nach 
dessen damaliger Gesetzgebung die Legitimation durch nachfolgende Ehe nicht 
zulässig war, die Gesetzmäßigkeit der Legitimation bestritten und das in Rede 
stehende Kind fortdauernd als russischen Staatsangehörigen betrachtet. Das 
Kind befand sich mithin im Besitze einer Doppelstaatsangehörigkeit. Derartige 
8 5.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.