Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Zweiter Jahrgang. 1874. (2)

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6. Heimath-Wesen. 
  
In Sachen Posen wider Lauban hat sich das Bundesamt für das Heimathwesen in seiner Sitzung vom 
2. Februar 1874, über den Erwerb des Unterstützungswohnsitzes durch ausdrückliche Aufnahme in den Gemeinde- 
verband  nach früherem preußischem Recht (S. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 31. Dezember 1842) wie folgt 
ausgesprochen: 
Die Posensche Deputation für das Heimathwesen hat den Orts-Armenverband Posen zum 
Ersatz der von Lauban in der Zeit vom 27. Dezember 1872 bis 7. Januar 1873 für den hülfs- 
bedürftigen Handlungscommis Otto R. verwendeten Pflegekosten verurtheilt. Unstreitig hat letzterer 
das Hülfsdomizil seines verstorbenen Vaters Friedrich R. Dieser, früher Zahlmeister erster Klasse, 
ist am 8. Mai 1861 bei dem Appellationsgericht in Posen für den Justizdienst verpflichtet und hat 
seitdem bei dieser Behörde als Kanzleidiätar gearbeitet, bis er Anfangs Dezember 1861 erkrankte 
und am 16. desselben Monats in die Irrenanstalt zu Owinsk aufgenommen wurde. Dort ist er 
am 19. September 1868 gestorben. Während des aktiven Militärdienstes hatte er, da eine aus- 
drückliche Aufnahme in den Gemeindeverband zu Posen nicht behauptet ist, nach der damaligen 
Gesetzgebung (§. 13 des Gesetzes vom 31. Dezember 1842) einen Unterstützungswohnsitz in Posen 
nicht erwerben können. Bei seinem Weggange von dort hatte er sich daselbst noch kein volles Jahr 
seit seinem Ausscheiden aus dem Militärdienste aufgehalten. Demungeachtet nimmt der erste Richter, 
gestützt auf das Urteil des Ober-Tribunals vom 21. September 1855 (Entscheidungen Band 31 
50) an, daß Friedrich R. einen Unterstützungswohnsitz in Posen erworben habe. 
Der Orts-Armenverband Posen findet hierin mit Recht eine unrichtige Anwendung des §. 1 
Nr. 1 des Armenpflegegesetzes vom 31. Dezember 1842. Das vom ersten Richter in Vezug ge- 
nommene Ober-Tribunals-Erkenntniß trifft den gegenwärtigen Fall gar nicht, da es sich damals 
lediglich um die Frage handelte, ob für Beamte zur Begründung eines Wohnsitzes die Beobachtung 
der betreffenden Melde- etc. Vorschriften des Aufnahmegesetzes vom 31. Dezember 1842 nothwendig 
sei oder nicht. Die weitere Frage, ob ein Beamter sofort mit der Begründung des Wohnsitzes oder 
erst nach einjähriger Fortsetzung desselben den Unterstützungswohnsitz erwerbe, wird von dem alle- 
girten Ober-Tribunals-Erkenntnisse nicht erörtert, weil zur Zeit des damaligen Falles das Ergänzungs- 
gesetz vom 21. Mai 1855 noch nicht in Kraft war. Man könnte für den gegenwärtigen Fall nur 
dann zur Anwendung des §. 1 Nr. 1 des Armenpflegegesetzes vom 31. Dezember 1842 gelangen, 
wenn man annähme, daß für Beamte die Berufung und Anstellung durch die geordnete Behörde 
die ausdrückliche Aufnahme als Gemeindemitglied überflüssig mache, weil Berufung und Anstellung 
in ihren Wirkungen einer solchen Aufnahne gleich ständen (vergl. Erkenntniß des Ober-Tribunals 
vom 20. Januar 1868; Striethorst Bd. 7 S. 31). Allein zu einer solchen Annahme fehlt es an 
einer gesetzlichen Unterlage. Denn nach den neueren Städteverfassungs-Gesetzen findet eine ausdrück- 
liche Aufnahme in den Gemeindeverband — abgesehen von der Bürgerrechtsertheilung — Über- 
haupt nicht statt und, was das Bürgerrecht betrifft, so hatte nach §. 12 der revidirten Städte- 
ordnung vom 17. März 1831 (Gesetzsammlung Seite 10) der Magistrat dasselbe nach vorgängigem 
Gutachten der Stadtverordneten zu ertheilen; nach §. 6 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 ist 
die Verleihung des Bürgerrechts  soweit sie überhaupt noch stattfindet — gleichfalls eine Befugniß 
des Magistrats und der Stadtverordnungen-Versammlung. Es ist daher unerfindlich, wie andere Be- 
hörden ohne eine desfallsige ausdrückiiche gesetzliche  Bestimmung die Machtvollkommenheit haben 
sollten, nach irgend einer Richtung hin den Mangel der Verleihung des Bürgerrechts durch die 
berufenen Organe zu ergänzen. 
Da nach Vorstehendem Friedrich R., welcher seit seinem Ausscheiden aus dem Militärdiensle 
sich nicht ein Jahr lang in Posen aufgehalten hat, den Unterstützungswohnsitz daselbst nicht erworben 
hat, so hat auch u. s. w. 
  
  
7. Post-Wesen. 
See-Postverbindung mit  Norwegen auf der Route Hamburg-Drontheim. 
Nach einer Mittheilung der Königlich norwegischen Postverwaltung wird dieselbe auch während der dies- 
jährigen Sommerperiode eine regelmäßige Post-Dampfschiffverbindung zwischen Hamburg und 
Drontheim unterhalten.
	        
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