Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Zweiter Jahrgang. 1874. (2)

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Orten, wo er sich später allein und mit selner Familie aufhielt, Unterstützungswohnsitz erwerben 
können, so muß angenommen werden, daß er als landarm gestorben sei. 
Der Landarmenverband ist deshalb mit Recht verurtheilt worden, die für die Familie R. auf- 
gewendeten Unterstützungskosten zu erstatten u. s. w. 
Wer trägt die für Beerdigung von Polizeigefangenen verwendeten Kosten? 
Das Verwaltungsgericht für den Regierungsbezirk Breslau hatte die Klage des Ortsarmenverbandes zu 
Königshütte wider den Landarmenverband des Herzogthums Schlesien und der Grasschaft Glatz auf 
Erstattung der für Beerdlgung des M. verwendeten Kosten abgewiesen, weil M. wegen Bettelns zur polizei- 
lichen Haft gebracht war und sich im Gefängniß vergiftet hatte. Zur Begründung der Entscheidung war Fol- 
gendes angeführt: „Die Kosten für die Beerdigung eines Verstorbenen fallen, wenn derselbe keln ausreichendes 
Vermögen hinterläßt, demjenigen zur Last, welcher für den Verstorbenen bei dessen Lebzeiten zu sorgen hatte. 
Für die in Polizeihaft befindlichen Personen liegt die Sorge ihrer Verpflegung gesetzlich der Polizeiverwaltung 
ob und diese ist daher auch verpflichtet, den in der Haft gestorbenen unvermögenden Gefangenen auf ihre 
Kosten beerdigen zu lassen, ohne daß ihr deshalb ein Regreßanspruch an den zur Unterstützung desselben ver- 
pflichteten Armenverhand zusteht. Dieser in der besherigen Praxis der preußischen Verwaltungsbehörden stets 
festgehaltene Grundsatz ist auch durch mehrfache Ministerial-Entscheidungen als richtig anerkannt worden und 
findet seine rechtliche Begründung darin, daß die Polizei- resp. Gerichtsbehörde durch die Verhaftung einer 
Person die Fürsorge für dieselbe überkommt und damit eine Pflicht übernimmt, die sich auf alle in der Person 
des unvermögenden Gefangenen hervortretenden Bedürfnisse erstreckt und folgeweise auch nach dessen Ableben im 
Gefängniß die Sorge für das Begräbniß umfaßt.“ 
Diese Entscheidung hat das Bundesamt am 30. Mai 1874 in Erwägung, 
daß der Handlungskommis M., welcher im Polizeigefängniß gestorben ist, mit seinem Tode aufhörte 
Gefangener zu sein, daß sich der klägerische Armenverband nicht entziehen konnte, auf Antrag der 
Polizeiverwaltung die Beerdigung seiner Leiche zu übernehmen, daß mithin ein Fall der Armen- 
pflege vorliegt, 
abgeändert. 
  
6. Konsulat- Wesen. 
Der Kaiserliche Konsul Hasselquist in Kalmar hat den Kaufmann Gustav Tillberg in Oscars- 
hamn zum Konsular-Agenten bestellt. 
  
Berlin, Carl Heymann's Verlag: Inhaber: Otte Loewenstein. — Druck von F. Hoffschläger in Berlin.
	        
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