Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Vierter Jahrgang. 1876. (4)

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ernannten Beamten und (wenigstens) noch eines ferneren, gewählten Mitgliedes für genügend 
erklärt, so ergiebt sich daraus unmittelbar, daß nach der Absicht des Gesetzes irgend eine 
andere Zusammensetzung der Deputation resp. des Verwaltungsgerichts nicht genügen, daß 
gemp Fod Anwesenheit der beiden ernannten Mitglieder unter allen Umständen erforderlich 
ein sollte. 
Aus dem zweiten Satze des §. 42: „Sind vier Mitglieder anwesend rc. 2c.“ läßt sich keines- 
wegs entnehmen, — wie das Königliche Bezirks-Verwaltungsgericht zu Magdeburg vermeint — 
daß in dem dort erwähnten Falle, d. h. wenn nicht bloß drei Mitglieder anwesend sind, die 
Anwesenheit nur eines ernannten Mitgliedes gleichwohl für ausreichend habe erklärt werden 
sollen. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß der Gesetzgeber sich anders ausgedrückt haben würde, 
wenn dies in seiner Absicht gelegen hätte. Der erste Satz des §. 42 handelt von der Beschlußfähigkeit 
der Deputation, der zweite Satz von der Art der Beschlußfassung. Der zweite Satz will 
die Eventualität abschneiden, daß bei sich ergebender Stimmengleichheit der Vorsitzende ein Aus- 
schlag gebendes, doppeltes Stimmrecht ausüben könnte; es hat ihm aber fern gelegen, zu 
bestimmen, daß bei Anwesenheit aller drei gewählten Mitglieder, das eine oder das andere 
der ernannten Mitglieder für entbehrlich erachtet werden könne. Für eine solche Absicht spricht 
auch nicht der Umstand, daß nunmehr allerdings der Erfolg eintreten kann, daß das eine der 
beiden ernannten Mitglieder, weil das jüngste dem Lebensalter nach, an der Abstimmung 
keinen Antheil nehmen darf. Schon der §5. 188 unter 3 der Kreisordnung vom 13. Dezember 
1872 läßt erkennen, daß dem Gesetzgeber diese Möglichkeit nicht verborgen geblieben ist; wenn 
derselbe bestimmt, daß der Vorsitzende an der Abstimmung immer theilnehmen soll, auch wenn 
nur vier Mitglieder anwesend sind, — so ist daraus zu entnehmen, daß eben nur der Vor- 
sitzende, auch wenn er dem Lebensalter nach der jüngste ist, vor der Möglichkeit, lediglich ein 
konsultatives Votum zu haben, hat bewahrt werden sollen. Ueberdies aber ergiebt der Bericht 
der Kommission des preußischen Abgeordnetenhauses zur Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend 
die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz (Nr. 109 der Drucksachen 
S. 25) direkt, daß die Anwesenheit, insbesondere des richterlichen Mitgliedes für unbedingt 
erforderlich selbst dann betrachtet worden ist, wenn dieses Mitglied das an Jahren jüngste sein 
sollte. Es heißt dort nämlich: „Hinsichtlich des letzteren“, — des in den §. 42 übergegangenen 
— „Vorschlages wurde zwar das Bedenken hervorgehoben, daß in einem solchen Falle auch das 
richterliche Mitglied bei der Abstimmung ausscheiden könne; indeß dieser Einwand wurde nicht 
für zutreffend erachtet, da nicht allein die Abstimmung entscheidend sei, sondern auch die sach- 
verständige Berathung entscheidenden Einfluß auf die Abstimmung des Kollegi# gewinnen könne 
und jedenfalls durch die Theilnahme des juristischen Mitgliedes an der Berathung auch die Er- 
örterung des Rechtspunktes gewahrt sei. Es sei jedenfalls vorzuziehen, selbst den richterlichen 
Beamten bei der Abstimmung einmal ausscheiden zu lassen, als dem Vorsitzenden zwei Stimmen 
zu geben 2c.“ 
  
In Sachen Stralsund contra Prohn hat ferner das Bundes-Amt in dem Erkenntnisse vom 29. April 
1876 festgestellt, daß bei Anwesenheit von vier Mitgliedern stets das dem Lebensalter nach jüngste Mitglied 
des Verwaltungsgerichts sich der Abstimmung zu enthalten habe. Die Gründe lauten: 
Von den vier bei der Berathung des angesochtenen Erkenntnisses und der voraus- 
gegangenen mündlichen Verhandlung anwesenden Mitgliedern des Verwaltungsgerichts hat sich, 
wie in den Motiven bemerkt, nicht das dem Lebensalter nach jüngste aller Mitglieder, sondern 
das jüngste der beiden erwählten Mitglieder der Abstimmung enthalten. Es fragt sich daher 
zuvörderst, ob die Beschlußfassung über das demnächst verkündigte Urtheil eine den gesetzlichen 
Bestimmungen entsprechende war, eine Frage, welche von Amtswegen geprüft werden muß, in- 
dem bei verneinender Beantwortung derselben das Urtheil sich als nichtig wegen Verletzung einer 
wesentlichen Formvorschrift darstellt.
	        
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