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Der im Jahre 1876 zu Shanghai erbaute Schooner „Franziska“ von 73,68 britischen Register-Tons Ladungs-
fähigkeit hat durch den Uebergang in das Eigenthum des im Großherzogthum Hessen heimathsberechtigten
Kaufmanns Franz Heinrich Ludwig Hernsheim auf Valuit (Südsee-Inseln) das Recht zur Führung der
deutschen Flagge erlangt. Dem bezeichneten Schiffe, für welches der Eigenthümer Hamburg zum Heimaths-
baren gewählt hat, ist am 27. Dezember 1876 vom Kaiserlichen Konsulate in Shanghai ein Flaggen-Attest
ertheilt worden.
In Wustrow bei Rostock wird die Seeschiffer-Prüfung für große Fahrt am 12. März d. IJ. beginnen.
7. Heimath Wesen.
Ueber die Frage, inwieweit dem fürsorgepflichtigen Armenverbande eine Theilzahlung zu gute geht, welche
dem vorläufig unterstützenden Armenverbande für Rechnung des Unterstützten nachträglich geleistet wird, ins-
besondere in dem Falle, wenn der vorläufig unterstützende Armenverband zugleich Armenverband des Dienst-
ortes ist, spricht sich ein Erkenntniß des Bundesamtes vom 20. Januar 1877 in den Gründen, welche auch
den Thatbestand enthalten, dahin aus:
Der unbestritten in Nospitz ortsangehörige Bäckerlehrling Rudolf K. erkrankte in Berlin, wo er in
der Lehre stand, und wurde vom 16. Dezember 1874 4. Mai 1875 (139 volle Tage) im städtischen Kranken-
hause im Friedrichshain verpflegt. Es ist dies, wie Kläger behauptet, im Wege der Armenpflege geschehen,
weil K. zur Zeit seiner Aufnahme mittellos und hülfsbedürftig war. Es sind aber aus dem Vermögen des
Kranken im Dezember 1875 durch das Kreisgericht Marienwerder 178 M 39 Pf. auf die Kurkosten ersetzt
worden. Damit sind nach der Ansicht des Klägers die auf 2 .M täglich sich belaufenden Kurkosten in den
ersten sechs Wochen der Krankenpflege und an weiteren 47 Tagen gedeckt. Für die überschießenden 50 Tage
begehrt Kläger Ersatz von dem Verklagten zu dem tarifmäßigen Satze von 75 Pf. täglich mit 37 M .50 Pf.
Verklagter erkennt seine Ersatzpflicht nur 1 die letzten 8 Tage der Krankenpflege an. Er ist diesem An-
erkenntnisse gemäß in erster Instanz zur Erstattung von 6 M verurtheilt, mit der Mehrforderung dagegen ist
Kläger abgewiesen worden. Der erste Richter nimmt an, daß Armenpflege nur an 50 Tagen gewährt sei
und daß für 42 Tage dieses Zeitraums Kläger nach §. 29 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 keinen
Anspruch auf Ersatz habe.
Die fristzeitig eingelegte Berufung des Klägers ist begründet.
Aus den vom Kläger als Beweiemittel vorgelegten Verwaltungsakten ergiebt sich, daß Rudolf K.
am 16. Dezember 1874 an Verkrümmung der Unterschenkel leidend und ohne verfügbare Mittel, selbst ohne
jede Andeutung, daß er eigenes Vermögen besitze, in das Krankenhaus aufgenommen worden ist. Die Auf-
nahme wurde durch die 34. Armen-Kommission vermittelt; es ist daher nicht zu bezweifeln, daß er nicht als
zahlungsfähiger Kranker, sondern als Hülfsbedürftiger im Wege der Armenpflege Aufnahme gesucht und ge-
funden hat. Mitte Januar 1875 erfuhr sodann Kläger durch den Verklagten, daß K. ein vormundschaftlich
verwaltetes Vermögen von etwa 50 Thlrn. habe, und wurde auf seinen am 21. Januar 1875 gestellten
Antrag vom Kreisgericht Marienwerder unter dem 20. Februar benachrichtigt, daß wegen der Kur= und Ver-
pflegungskosten des ect. K. auf dessen Antheil an der Johann K.'schen Pupillenmasse ein Arrest notirt sei.
Erst nachdem Rudolf K. am 4. Mai 1875 aus der Krankenanstalt entlassen worden war und am 8. Okto-
ber 1875 sein Einverständniß erklärt hatte, sind, wie erwähnt, im Dezember 1875 178. M 39 Pf. an den Kläger
abgeführt worden. Hiernach mangelte es dem Kranken während der ganzen Dauer der Verpflegung an ver-
fügbaren eigenen Mitteln zur Bestreitung der Kurkosten. Seine Hülfsbedürftigkeit hat daher fortgedauert bis