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Auf Bahnstrecken, welche stärkere Neigungen als 1: 200 und Krümmungen von weniger als
1000 Meter Halbmesser haben, müssen die Geschwindigkeiten angemessen verringert werden. Dem Fahr—
personal sind diese Strecken unter Angabe der zulässigen Geschwindigkeiten zu bezeichnen.
Personenzüge, welche durch Lokomotiven befördert werden, deren sämmtliche Achsen vor der Feuer—
buchse liegen, dürfen im allgemeinen nicht schneller als 45 Kilometer in der Stunde oder 750 Meter in
der Minute fahren, jedoch find mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde größere Geschwindigkeiten zulässig.
Die größte Geschwindigkeit leer fahrender Lokomotiven mit dem Schornstein voran wird im allge—
meinen auf 40 Kilometer in der Stunde und für Lokomotiven, welche für Beförderung von Personenzügen
konstruirt sind, sofern deren Achsen nicht sämmtlich vor der Feuerbuchse liegen, auf 50 Kilometer festgesetzt.
Größere Geschwindigkeiten können mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde gestattet werden.
Lokomotiven mit dem Tender voran dürfen nicht schneller als 30 Kilometer in der Stunde fahren,
einerlei, ob dieselben Züge befördern oder leer fahren (efr. §. 24).
Bei den Probefahrten der Lokomotiven kann von den die Fahrgeschwindigkeit einzeln fahrender
Lokomotiven beschränkenden Vorschriften Abstand genommen werden.
Langsamer muß gefahren werden:
a) wenn Menschen, Thiere oder Hindernisse auf der Bahn bemerkt werden;
b) durch Weichen gegen die Spitzen derselben und über Drehbrücken;
c) wenn das Signal zum Langsamfahren gegeben wird.
In allen diesen Fällen muß so langsam gefahren werden, als die Umstände zur Vorbeugung einer
möglichen Gefahr es erfordern.
§S. 27.
Bei der Einfahrt aus Haupt= in Zweigbahnen und umgekehrt, sowie überhaupt bei dem Uebergange
aus einem Geleise in das andere muß so langsam gefahren werden, daß der Zug auf einer Länge von 200
Meter zum Stillstand gebracht werden kann.
Bahnkreuzungen in gleicher Ebene der Schienen außerhalb der Stationen (5. 3) dürfen von den
Zügen erst passirt werden, nachdem die letzteren vorher zum Stillstande gebracht sind und von den Aufsichts-
beamten die Erlaubniß zum Passiren ertheilt ist.
Bei der Kreuzung einer Hauptbahn durch eine Bahn von untergeordneter Bedeutung genügt es,
wenn im Einverständniß mit der Aufsichtsbehörde die Verpflichtung des Anhaltens vor der Durchkreuzung
lediglich den Zügen der letzteren Bahn auferlegt wird.
§. 28.
Bei denjenigen Personenzügen, bei welchen eine Geschwindigkeit von 60 Kilometer in der Stunde
und darüber zur Anwendung kommen soll, müssen sich die Betriebsmittel in einem vorzugsweise tüchtigen
Zustande befinden. Außerdem müssen:
a) die Fahrzeuge unter sich, sowie mit dem Tender so fest gekuppelt sein, daß sämmtliche Zug= und
Bufferfedern etwas angespannt sind;
b) die nach §. 13 (siehe auch §. 33) erforderlichen gebremsten Räderpaare um eines vermehrt sein.
F. 29.
Die schnellfahrenden Züge, sowie die Extrazüge der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften haben
behufs besonders pünktlicher Beförderung überall den Vorrang vor den anderen Zügen.
Inwieweit Eilgut mit den im §. 28 näher bezeichneten Zügen befördert werden darf, bestimmt die
Aufsichtsbehörde.
§. 33.
Bei Bildung eines jeden Zuges muß sorgfältig darauf gehalten werden, daß die im §F. 13 (siehe
auch §. 28) vorgeschriebene Anzahl von Bremsen sich in selbigem befindet und daß letztere angemessen ver-
theilt sind. Bei Neigungen von mehr als 1:200 soll der letzte Wagen eine Bremse haben.
Bevor der Zug die Abgangsstation verläßt, ist derselbe zu revidiren und darauf zu achten, daß die
Wagen unter sich und der Tender mit dem nächstfolgenden Wagen in doppelter Weise gehörig verkuppelt
(siehe §. 12), die Verbindung zwischen den Schaffnersitzen und der Dampfpfeife (S. 48) hergestellt, die Be-