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G. Maaß= und Gewichts-Wesen.
Auf Grund des Artikels 18 der Maaß- und Gewichts-Ordnung vom 17. August 1868 (Bundes-Gesetzblatt
S. 473) erläßt die Kaiserliche Normal-Aichungs-Kommission folgende Nachtrags-Bestimmungen:
Elfter Nachtrag zur Aichordnung vom 16. Juli 1869.
An Stelle der 88. 31 bis 39 und der 88. 40 bis 42 der Aichordnung, sowie der sämmtlichen zu
vorstehenden Paragraphen ergangenen Nachträge — mit Ausschluß der bis auf weiteres in Kraft bleibenden
Vorschriften in der Bekanntmachung vom 17. Juni 1875 (Central-Blatt für das Deutsche Reich S. 374)
— treten vom 1. Januar 1881 ab die folgenden neuen Bestimmungen:
I. Vorschriften für die Aichung der Waagen.
A. Handelswaagen.
§. 1.
Zulässige Waagen.
Zulässig sind nur solche Gattungen von Waagen, welche nach der Theorie und Erfahrung eine
Bürgschaft gewähren, daß sie für diejenigen Zwecke des Verkehrs, denen sie dienen sollen, eine dem Grade
und der Dauer nach hinreichende Zuverlässigkeit besitzen.
Hiernach werden als gewöhnliche Handelswaagen nur Hebelwaagen mit Gewichtswirkung zur Aichung
zugelassen, und zwar nur solche Gattungen derselben, deren Einrichtungen folgenden allgemeinen Bestim-
mungen genügen:
1. Die sich berührenden Theile derjenigen Einrichtungen, durch welche die Drehungsbewegungen der
Hebel ermöglicht werden, nämlich der Schneiden und der Pfannen, sollen aus genügend gehärtetem
Stahl hergestellt sein. Die Schneiden und Pfannen sollen ferner so eingerichtet und an den
Hebeln und Stangen so angebracht sein, daß die Drehungen ohne bemerkliche Hemmungen erfolgen,
und daß alle Längen, deren sichere und unveränderliche Begrenzung für die Einhaltung der
Richtigkeit der Waage wesentlich ist, nur durch Schneiden, welche mit den bezüglichen Theilen fest
verbunden sind, begrenzt werden.
2. Die an einem und demselben Hebel befestigten Schneiden sollen parallel zu einander angebracht,
und zugleich soll durch die Stellung der Schneiden zu einander dafür gesorgt sein, daß die
Gleichgenichtslagen der Waage innerhalb ihrer Belastungs= und Bewegungsgrenzen stets
stabile sind.
Jede zuzulassende Waage soll also, sobald sie von einer Gleichgewichtslage ausgehend in
Schwingungen versetzt worden ist, in dieselbe Lage wieder zurückkehren.
3. Jede zuzulassende Waage soll entweder die deutliche und untrennbare Angabe der größten Last,
zu deren Abwägung sie bestimmt und ausreichend ist, enthalten, oder sie soll die erforderlichen
Einrichtungen darbieten, um vorschriftsmäßig (§. 8) von der Aichungsstelle mit der Angabe
dieser größten zulässigen Last (größten Tragfähigkeit auf der Lastseite) versehen werden zu können.
4. Jede Waage, bei welcher es nicht entweder durch ihre Aufhängung, beziehungsweise durch die
Unveränderlichkeit ihrer Aufstellung gesichert oder durch die Formen und Dimensionen ihres Gestells
und ihrer Zeigereinrichtung (Zunge oder dergl.) für die Beobachtung mit dem bloßen Auge
erkennbar ist, daß die sogenannte Einspielungsstellung ihres Zeigers mit ausreichender Genauig-
keit stets in einer und derselben Lage zur Lothrichtung stattfindet, muß mit einem Loth (Pendel-
zeiger) oder einer Wasserwaage und dergleichen versehen sein, aus deren Einspielen jedesmal
erkannt werden kann, daß die Waage sich bei der Anwendung in derselben Stellung zur Loth-
richtung befindet, in welcher die Prüfung ihrer Richtigkeit stattgefunden hat.
5. Die Längen der Hebelarme oder die Lage des Schwerpunktes einer Waage dürfen keinesfalls
durch Vorrichtungen korrigirbar sein, welche es ermöglichen, unachtsam oder absichtlich Verände-
rungen des vorschriftsmäßigen Zustandes der Waage leicht und schnell auszuführen und ebenso
wieder zu beseitigen.