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nach Wahl des Reichskanzlers verpflichtet sein, bis zur Höhe der Hälfte der betreffenden Summe entsprechende
weitere Leistungen zur Durchführung der in diesem Vertrage verfolgten Zwecke zu übernehmen oder aber die
Hälfte des erwähnten Ueberschusses an die Reichskasse zu erstatten.
ß Dem Reichskanzler steht es jederzeit frei, von den Geschäftsbüchern des Unternehmers Einsicht
zu nehmen.
Artikel 27.
Zur Sicherstellung der Erfüllung der aus dem gegenwärtigen Vertrage sich ergebenden Verbindlich-
keiten bestellt der Unternehmer dem Reich eine Kaution von 500 000 Mark (fünfhunderttausend Mark) durch
Verpfändung von Schuldverschreibungen des Reichs oder eines Bundesstaates, welche nach dem Nennwerthe
zu berechnen sind. Die Schuldverschreibungen sind nebst Talons und den über 4 Jahre hinausreichenden
Zinsscheinen bei der Reichs-Hauptkasse zu hinterlegen.
Diese Kaution soll dem Reich dergestalt haften, daß der Reichskanzler berechtigt ist, wegen der
Forderungen des Reichs aus dem gegenwärtigen Vertrage an Kapital und Zinsen, nöthigenfalls auch wegen
der Strafen, sowie wegen der durch Ermittelung der Schäden entstehenden gerichtlichen und außergericht-
lichen Kosten durch sofortige außergerichtliche, nach Maßgabe der Vorschriften im §. 11 des Gesetzes, betreffend
die Kautionen der Bundesbeamten, vom 2. Juni 1869 zu bewirkenden Verwerthung der Kaution Befriedigung
zu suchen, insofern der Unternehmer der schriftlichen Aufforderung des Reichskanzlers zur Zahlung nicht
innerhalb eines von dem letzteren festzusetzenden Zeitraumes nachkommen sollte. Die Kaution ist von dem
Unternehmer demnächst binnen Monatsfrist wieder auf die ursprüngliche Höhe zu ergänzen. Im Unter-
lassungsfalle ist der Reichskanzler berechtigt, die Ergänzung durch Einbehaltung des erforderlichen Betrages
von der zunächst fällig werdenden Vergütung zu veranlassen.
Nach Ablauf des gegenwärtigen Vertrages wird die Kaution bezw. der nicht in Anspruch genommene
Theil derselben dem Unternehmer zurückgegeben, sobald feststeht, daß derselbe aus diesem Vertrage nichts
mehr zu vertreten hat.
Artikel 28.
Der Unternehmer darf ohne schriftliche Genehmigung des Reichskanzlers das Unternehmen weder
an Andere überlassen, noch ganz oder theilweise in Afterpacht geben. Geschieht solches dennoch, so ist der
Reichskanzler — unbeschadet der von ihm etwa zu erhebenden Schadenersatzansprüche — berechtigt, sofort
ohne jede Entschädigung des Unternehmers von dem Vertrage zurückzutreten.
Artikel 29.
Der gegenwärtige Vertrag erstreckt sich auf fünfzehn hintereinander folgende Jahre vom Tage des
Antritts der ersten Fahrt von Bremerhaven ab und soll als beendet gelten, sobald der letzte fahrplanmäßige
Dampfer des fünfzehnten Jahres, in welchem ebenfalls je 13 Doppelreisen nach und von Ostasien und
Australien auszuführen sind, wieder in Bremerhaven eingelaufen ist.
Ueber die etwaige Fortsetzung des Vertrages über den Zeitraum von fünfzehn Jahren hinaus wird
eintretendenfalls eine besondere Verständigung mit dem Unternehmer stattfinden.
Artikel 30.
Sofern sich der Unternehmer Vertragswidrigkeiten irgend einer der in den Artikeln 5 und 6 be
zeichneten Arten auf einer Linie in einem Jahre bei mehr als der Hälfte der fahrplanmäßigen Fahrten hat
zu Schulden kommen lassen, oder sobald auf einer Linie mehr als drei fahrplanmäßige Fahrten hintereinander
ausgefallen sind und dieses Ausfallen nicht durch Krieg oder höhere Gewalt, oder einen ungeachtet der An-
wendung gehöriger Sorgfalt unvermeidlich gewesenen Unfall verursacht ist, steht dem Reichskanzler das Recht
zu, entweder den Betrieb mit den in die Linien eingestellten Schiffen für Rechnung und auf Gefahr des
Unternehmers zu übernehmen oder aber ohne jede weitere Entschädigung des Unternehmers als für die aus-
geführten Fahrten von dem gegenwärtigen Vertrage zurückzutreten.
Artikel 31.
Erachtet der Reichskanzler eine Aenderung in der Fahrgeschwindigkeit oder in der Zahl der Fahrten
der Dampfer für nothwendig, so ist der Unternehmer verpflichtet, die entsprechenden Einrichtungen gegen an-
gemessene Vergütung zu treffen.