Object: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Verordnung 
  
bei seinem nächsten Zusammentreten zur Geneh- 
migung vorzulegen; sie treten außer Kraft, sobald 
der Landtag die Genehmigung versagt (0, betr. 
die erfassung Elsaß-Lothringens, v. 31. 5. 11 
523). 
b) In den Einzelstaaten ist das Not VRecht 
nach Umfang und Voraussetzungen ver- 
schieden geregelt. 
Die weitesten Ermächtigungen geben die Ver- 
fassungen von Württemberg (7* 89) und 
Baden (5 66): Not V dürfen hier auch bei ver- 
sammeltem Landtage erlassen werden; können 
selbst Verf Vorschriften ändern und aufheben; das 
Erfordernis nachträglicher Vorlage an den Land- 
tag zur Genehmigung besteht nicht. 
Enger begrenzt ist das Not VRecht in Sachsen 
(§88) und in Preußen. Die preußische Verf, 
a63, bindet die Ausübung dieser außerordentlichen 
Gewalt an folgende Voraussetzungen bezw. Be- 
schränkungen: daß a) der Erlaß der Not B durch 
die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit 
oder die Beseitigung eines ungewöhnlichen Not- 
standes dringend erfordert wird, b) der Landtag 
zurzeit nicht versammelt (aufgelöst, geschlossen, 
vertagt) ist; c) die V keine Bestimmung enthält, 
welche der Verfassung zuwiderläuft (die Not B 
hat also nur einfache, nicht verfassungsändernde 
Gesetzeskraft), d) die V dem Landtag bei dessen 
nächstem Zusammentritt sofort zur Genehmigung 
vorgelegt werden muß. Die Not V ist wie ein 
Gesetz, d. h. in der GS#zu publizieren. Für 
ihren Erlaß ist das gesamte Staats Min verant- 
wortlich (auch die Minister [XI, welche die V nicht 
gegenzeichnen, aber fortdauernd im Amt bleiben). 
Die vom Landtage erteilte Genehmigung ver- 
wandelt die Not B in ein vollwertiges Gesetz; 
durch Versagung der Genehmigung tritt die V 
nicht von selbst außer Kraft, die Staatsregierung 
ist aber verpflichtet, sie unverzüglich außer Kraft 
zu setzen; diese Aufhebung wirkt ex nuno, nicht 
ex tuno. 
Am engsten beschränkt ist das Not VRecht in 
Bayern. Es ist hier nicht durch die Verfas- 
sung, sondern durch das Pol StGB v. 10. 11. 
61, a 9, 10, geregelt und gegenständlich auf den 
Erlaß polizeilicher Vorschriften mit Strafandro- 
hung beschränkt. Die Not V dürfen nur bei nicht 
versammeltem Landtage erlassen werden, können. 
kein bestehendes Gesetz ändern und sind dem näch- 
sten Landtage zur Zustimmung vorzulegen (vgl. 
das Nähere bei v. Seydel-Piloty, Bayer. St Re 1, 
S 855, 856). 
2. Polizeiverordnungen sind Rechts- 
V polizeilichen Inhalts, deren Uebertretung mit 
Strafe bedroht ist (also „Polizeistrafrechtsverord= 
nungen“). Ueber sie ist an einer anderen Stelle 
dieses Wörterbuchs ausführlich gesprochen wor- 
den: Rosin im Art. Polizei, oben Bd. 3 
5 
3. Auch die Ausführungs- oder 
Vollzugsverordnungen, d. h. V, 
welche zur Ausführung einzelner bestimmter Ge- 
setze erlassen sind, können u. U. Rechtssätze ent- 
halten und insoweit Rechts V sein. In der Regel 
freilich werden sie sich darauf beschränken, organi- 
satorische und instruktionelle Vorschriften zu tref- 
fen, werden sie sich m. a. W. im Rahmen der 
Verw Ordnung halten. Wollen sie das, nichts 
anderes und nicht mehr, so bedarf die sie er- 
  
lassende Stelle keiner besonderen gesetzlichen Er- 
mächtigung, da ja, wie oben gezeigt, die Kompe- 
tenz zum Erlaß von Verw V, auch gesetzesausfüh- 
renden, in der vollführenden Gewalt ohnehin ent- 
halten ist. Will aber die Ausführungs V sich nicht 
nur instruktionsmäßig an die Behörden, sondern 
auch rechtssatzmäßig an die Untertanen wenden 
(z. B. als V zur Ausführung eines Steuergesetzes 
nicht sowohl Pflichten der Veranlagungsbehörden 
als Pflichten der Steuerzahler begründen), so ist 
eine entsprechende Rechtsgrundlage erforderlich. 
Ob eine solche Rechtsgrundlage in den allgemeinen 
Klauseln der Verfassungen über den Erlaß von 
Ausführungs V (RVV a 7 Abs 1 Nr. 2, preuß. V 
a 45, württ. V 5 89, sächs. 3 87, bad. s 66) ent- 
halten ist, ob also z. B. die vom König von Preu- 
ßen auf Grund des a 45 preuß. V zur Ausführung 
eines Gesetzes erlassenen Bestimmungen außer 
Verwaltungs= auch Rechtsvorschriften enthalten 
dürfen, ist bestritten, aber nach richtiger Ansicht 
(ogl. Näheres und Literatur bei Meyer-Anschütz, 
Staatsr. 3 159 Nr. 8, &+ 165 Nr. 13) zu bejahen. 
Die Ausführungs V darf Vorschriften enthalten, 
welche sich rechtssatzmäßig an die Untertanen 
wenden. Dabei ist freilich der Rahmen und die 
Aufgabe des Gesetzesvollzugs streng innezuhalten: 
die Ausführungs V soll den Zweck ihres Gesetzes 
erfüllen helfen, ihn aber nicht hemmen noch er- 
weitern. Sie soll wollen, was das Gesetz will: 
alles, aber nicht mehr. 
Literatur: Meyer-Anschütz, Staatsr. 35 159 
bis 161, 165; Jellinek, Gesetz und B. S 66 ff, 84 ff, 
122 ff, 366 ff;: Laband 2, E 85 ff, 165 ff. 182 ff; Hae- 
nel, Studien z. deutschen Staatsrecht, 2, 177 f.; Der- 
selbe, Staatsr. 1, 271 ff; v. Seydel, Komm. zur 
RB, 138 ff; v. Seydel-Piloty, Bayer. Staater.“ 1, 
*4# 14—150; O. Mayer, Sächs. Staatsr., 176 ff; 
Rosin, Das Pol Berordnungsrecht in Preußen; Arnd##b 
Das Becht des Deutschen Reichs auf der Grundlage des 
preußischen, (1884)) Derselbe, Das selbständige 
BRecht, (1902); Anschütz in der Enzyklop. der Rechts- 
wissenschaft" 4, 161 fff Derselbe, Gegenwärtige 
Theorien über den Begriff der gesetzgeb. Gewalt (e 1901); 
Bornhak 1, 461 ff; Zorn 1, S 401 ff. 481 fff; F. 
Glatver, Das Recht der provisorischen Gesetzgebung, 
(1899)0; Friedmann, Geschichte und Struktur der 
Notstands B. (1903); Hansel, Die NotV nach veutschem 
Staatsrecht, (1904). #Aunschüs. 
Versammlungsrecht 
Vereine und Versammlungen 
v Verschuldungsgrenze 
Landwirtschaftliches Kreditwesen § 5 Band II, 
1741; ferner II 947. « 
Dazu noch B. Löwenfeld, Die Entschuldungsaktion der 
ostpreußischen Landschaft, Diss. Erlangen 1912.
	        
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