Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Sechzehnter Jahrgang. 1888. (16)

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werden können. Es empfiehlt sich daher, da die dem Chemiker zur Untersuchung übergebenen Syrupe 
beträchtliche Mengen Invertzucker enthalten können, dessen Drehungsvermögen wir nicht kennen, im 
allgemeinen von der optischen Methode der Zuckerbestimmung gänzlich abzusehen und die gewichts- 
analytische anzuwenden, für welche weiter unten unter I eine neue, rasch auszuführende Modifikation 
angegeben ist. "„ 
Eine Ausnahme tritt ein bei Anwesenheit von Stärkezucker oder Raffinose. Da wir die 
Menge des vorhandenen Stärkezuckers nicht genau bestimmen können und da ferner das Reduktions= 
vermögen des Stärkezuckers, welches bei der Handelswaare entsprechend einem Gehalt von ungefähr 
40 bis 60 Zucker schwankt, unter denjenigen Bedingungen, unter welchen die Inversion der Zucker- 
syrupe behufs Ausführung der gewichtsanalytischen Zuckerbestimmung vorgenommen wird, fast un- 
verändert bleibt, so ist in Fällen, wo solcher vorhanden ist, die gewichtsanalytische Methode zur 
Feststellung des gesammten Gehalts an Rübenzucker beziehungsweise des Quotienten nicht mehr 
anwendbar. Sie würde im Gegentheil zu großen Irrthümern führen, und es würden Syrupe von 
über 70 Quotient, nach dieser Methode untersucht, nach Zusatz einer gewissen Menge Stärkezucker 
als solche von unter 70 Quotient erscheinen. In solchen Fällen, wo Stärkezucker zugegen ist, wird 
dann aber der deprimirende Einfluß der Linksdrehung des Invertzuckers auf die Polarisation des 
Zuckers gar nicht mehr in Betracht kommen können, weil der Stärkezucker ein ungleich höheres 
Rechtsdrehungsvermögen besitzt als die anderen vorhandenen Zuckerarten. Um Täuschungen zu 
verhüten, welche sonst durch Vermischen von Syrupen über 70 Quotient mit Stärkezucker leicht 
möglich sein würden, ist deshalb in allen Fällen, wo Stärkezucker zugegen ist, der Gesammtzucker- 
gehalt aus der Polarisation und dem direkt zu bestimmenden Invertzucker zu berechnen. 
maher beschrieben ist die Methode unter II. Für den Fall endlich, daß Raffinose zugegen ist, 
mu wieder anders verfahren werden; die nähere Beschreibung der Methode findet sich unter III 
angegeben. 
I. Es braucht auf die Anwesenheit von Stärkezucker überhaupt keine Rücksicht ge- 
nommen werden. 
Untersuchungen von Syrupen, welche notorisch frei von Stärkezuckersyrup sind, werden viel- 
fach vorkommen, da die meisten Fabriken nicht selbst Stärkezuckersyrup zumischen, sondern diese 
Mischung erst von zweiter oder dritter Hand vorgenommen zu werden pflegt. 
Die Gesammtzuckerbestimmung kann hier in einer einzigen Operation ausgeführt werden. 
Man wägt das halbe Normalgewicht (13,024 8) Syrup ab, löst in einem Hundert- 
kölbchen in 75 cem Wasser, setzt 5 cem Salzsäure (von 38, Prozent HClgehalt) hinzu und erwärmt 
auf 67 bis 70° C. im Wasserbade. Sobald der Inhalt des Kolbens diesen Grad erreicht hat, 
wird die Temperatur noch 5 Minuten auf 67 bis 700 unter häufigem Umschütteln gehalten. Da 
das Anwärmen 2½ bis 5 Minuten in Anspruch nehmen kann, so wird die Ausführung dieser 
Operation im ganzen 7½ bis 10 Minuten in Anspruch nehmen. Man füllt zur Marke auf, ver- 
dünnt darauf 50 cem von den 100 cem zum Liter, nimmt davon 25 com (entsprechend 0,1628 Sub- 
stanz) in eine Kochflasche und setzt dazu, um die vorhandene freie Säure zu neutralisiren, 25 cem 
einer Lösung von kohlensaurem Natron, welche durch Lösen von 1,7 8 wasserfreien Salzes 
zum Liter bereitet und vorräthig gehalten wird. Darauf versetzt man mit 50 cem der allgemein 
gebräuchlichen Soxhletschen Lösung, erhitzt in derselben Weise wie bei der Invertzuckerbestimmung 
zum Sieden und hält die Flüssigkeit 3 Minuten im Kochen. Da hier sämmtlicher Zucker invertirt 
ist, Rohrzucker somit das Resultat der Reduktion bei längerem Erhitzen nicht beeinflussen kann, so 
braucht man bezüglich des Innehaltens der Zeit des Erwärmens nicht so ängstlich zu sein, als bei 
der Invertzuckerbestimmung. 2 auch 3 Minuten längeres Erwärmen beeinflußt das Resultat, wie 
aus Soxhlets Versuchen hervorgeht, nicht merklich. Nach beendetem Erhitzen verdünnt man die 
Flüssigkeit in der Kochflasche mit dem gleichen Volumen luftfreien Wassers und verfährt im übrigen 
genau wie bei der Invertzuckerbestimmung. Zur Berechnung des Resultats können selbstverständlich 
die in der Literatur vorhandenen Tabellen nicht dienen, weil dieselben nicht für Invertzucker, sondern 
nur für Glukose oder auch Gemenge von Invertzucker mit Saccharose gelten. Es ist deshalb die 
folgende Tabelle für Invertzucker bei 3 Minuten Kochdauer aufgestellt worden, welche gestattet, aus 
der gefundenen Kupfermenge sogleich die entsprechende Menge an Saccharose zu berechnen. Der 
Umrechnung des Invertzuckers in Rohrzucker ist man demnach bei Benutzung derselben überhoben.
	        
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