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Wiegt man von einem Material 26),018 g ab, stellt daraus 100 cem Lösung dar und polarisirt
diese in der 200 mm--Röhre, so drückt die an der Skala ahgelesene Anzahl Grade die Gewichtsprozente
Zucker in dem angewandten Material aus.
Dasselbe ist der Fall, wenn das halbe Normalgewicht, d. h. 13/036 g, abgewogen und in 50 cem
Lösung übergeführt werden. Bei Herstellung von 100 cem Lösung muß die Ablesung am Sachharimeter
verdoppelt werden.
Hat man irgend eine andere Gewichtsmenge (p. Gramm) der zuckerhaltigen Substanz abgewogen,
zu 100 cem gelöst und in der 200 mm-Röhre polarisirt, so giebt dic abgelesene Anzahl Theilstriche (a),
multiplizirt mit O,, die Anzahl Gramme Nohrzucker an, welche in 100 cem der Lösung enthalten sind.
Die Prozente Zucker in der angewandten Substanz findet man aus 64—
Die Polarisation giebt in allen denjenigen Fällen ein ganz richtiges Resultat, wo die zu unter-
suchende Substanz außer Rohrzucker keine anderen optisch aktiven Körper enthält. Sind solche vorhanden,
wie z. B. Traubenzucker, Invertzucker, Maltose, Dextrin, Gummi, Pektinstoffe u. s. w., so wird die An-
wendung des Polarisationsapparats unsicher, und man kann nur in gewissen Fällen, welche in der Folge
angegeben sind, noch einigermaßen zuverlässige Bestimmungen erhalten.
Bezüglich der Herstellung der zur polarisirenden Lösungen ist Folgendes zu bemerken: Von
Fabrikaten, welche größtentheils nur aus Zucker bestehen und beim Behandeln mit Wasser wenig Rückstand
binterlasten, kann die in einer Neusilberschale abgewogene Substanz in dieser selbst gelöst werden, worauf man
ie Flüssigkeit in ein Meßkölbchen (gewöhnlich von 100 cem) spült. Bei Materialien dagegen, welche viel
unlösliche Bestandtheile enthalten, dürfen die letzteren nicht in das Meßkölbchen kommen, indem sonst das
Volumen der entstehenden Zuckerlösung nicht 100 ccm, wie es werden soll, sondern weniger betragen
würde. Man hat in diesem Falle die Flüssigkeit von dem Rückstand durch Filtation zu tvennen und
den letzteren auszuwaschen.
Die meisten der zuckerhaltigen Substanzen liefern beim Filtriren nicht sofort ganz durchsichtige
Flüssigkeiten, und es müssen diese daher mit Klärungsmitteln behandelt werden. Als solche dienen:
1. Bleiessig, von welchem man je nach Erforderniß 1 bis 10 cem zusetzt, stark umschüttelt, sodann
¼ bis ½ Stunde stehen läßt, worauf filtrirt wird.
Bleiessig mit nachherigem Zusatz einiger Tropfen einer Lösung von Alaun oder schwefelsaurer
Thonerde, wobei der entstehende Niederschlag von Bleisulfat die trübenden Theilchen niederreißt.
Thonerdehydrat in Form eines dünnen Breies, von welchem einige Kubikcentimeter mittelst
eines Löffels zu der Flüssigkeit gebracht und damit stark geschüttelt werden.
4. Gerbsäurelösung behufs Ausfällung von Eiweißsubstanzen. Man hat vorher diese Lösung für
sich allein im Polarisationsapparat zu prüfen, ob sie keine Ablenkung bewirkt.
5. Zur Entfernung von Farbstoffen dient am besten Blutkohle, von welcher ½ bis 1 g mit der
lüssigkeit geschüttelt wird.
In manchen Fällen verursacht die Klärung Schwierigkeiten und es muß das zweckmäßigste Ver-
fahren durch einige Vorversuche ausfindig gemacht werden. Für die aus Zuckerwaaren dargestellten
Lösungen, welche oft schwer von trübenden Theilchen zu befreien sind, ist das in breiartigem Zustande
aufzubewahrende Thonerdehydrat das bewährteste Klärmittel. Von den im Handel vorkommenden Arten
von Blutkohle zeichnet sich die gegenwärtig von der chemischen Fabrik von H. Flemming in Kall bei
Cöln hergesonlt durch ein außergewöhnlich starkes Entfärbungsvermögen aus.
Wenn, wie es bei den hier in Frage kommenden Materialien nicht selten der Fall ist, neben
Rohrzucker sich noch Invertzucker vorfindet, so würde wegen des Linksdrehungsvermögens des letzteren
das Resultat der Polarisation zu klein sich ergeben. Um den Rohrzuckergehalt richtig zu finden, wendet
man dann das sogenannte Clergetsche Inversionsverfahren an, welches auf folgende Weise ausgeführt
wird: Von dem zu untersuchenden Material werden 26/06 g abgewogen und ohne Zusatz von Klär-
mitteln in 100 cem Lösung übergeführt. Sodann entnimmt man von der Flüssigkeit mittelst einer
50 cem-Pipctte die Hälfte und verwendet diese zur direkten Polarisation, nöthigenfalls unter vorheriger
Dhandlung mit Klärmitteln im 50/55 ccm-Kölbchen. Zu der im 100 cem -Kölbchen verbleibenden
Lösung, welche nunmehr 13/04 g Substanz enthält, spült man zunächst die in der Pipette haften ge-
bliebenen Flüssigkeitstheilchen mit etwas Wasser nach, versetzt hierauf mit 5 cem konzentrirter Salzsäure
(am besten von 38. Prozent, spezifisches Gewicht 1/188 bei 150 C.) und stellt sodann das Gefäß unter
öftererem Umschwenken 15 Minuten lang in ein Wasserbad, dessen Temperatur auf 67 bis 70° C. erhalten
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