Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Neunzehnter Jahrgang. 1891. (19)

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Aus Anlaß der von der internationalen Telegraphenkonferenz zu Paris im Jahre 1890 
gefaßten Beschlüsse hat die Telegraphenordnung, welche auf Grund des Artikels 48 der Reichs- 
verfassung erlassen worden ist, Aenderungen erfahren. Es tritt daher, unter Aufhebung der Telegraphen- 
ordnung vom 13. August 18807), vom 1. Juli 1891 ab die nachstehende 
Telegraphenordnung 
in Kraft. 
S. 1. 
. 1 Die Benutzung der für den öffentlichen Verkehr bestimmten Telegraphen steht jedermann 
zu. Die Verwaltung hat jedoch das Recht, ihre Linien und Telegraphenanstalten zeitweise ganz 
oder zum Theil für alle oder für gewisse Gattungen von Korrespondenz zu schließen. 
II. Der Absender eines Privattelegramms ist verpflichtet, auf desfallsiges Verlangen sich 
über seine Persönlichkeit auszuweisen. Es steht demselben seinerseits frei, in sein Telegramm die 
Beglaubigung seiner Unterschrift aufzunehmen. 
II Privattelegramme, deren Inhalt gegen die Gesetze verstößt oder aus Rücksichten des 
öffentlichen Wohles oder der Sittlichkeit für unzulässig erachtet wird, werden zurückgewiesen. Die 
Entscheidung über die Zulässigkeit des Inhalts steht dem Vorsteher der Aufgabeanstalt, bz. der 
Zwischen= oder Ankunftsanstalt oder dessen Vertreter, in zweiter Instanz der dieser Anstalt vor- 
gesetzten Ober-Postdirektion und in letzter Instanz dem Reichs-Postamt zu, gegen dessen Entscheidung 
eine Berufung nicht stattfindet. Bei Staatstelegrammen steht den Telegraphenanstalten eine Prüfung 
der Zulässigkeit des Inhalts nicht zu. 
S. 2. 
Die Telegraphenverwaltung wird Sorge tragen, daß die Mittheilung von Telegrammen 
an Unbefugte verhindert, und daß das Telegraphengeheimniß auf das strengste gewahrt werde. 
S. 3. 
Die Telegraphenanstalten zerfallen rücksichtlich der Zeit, während welcher sie für den Ver- 
kehr mit dem Publikum offen zu halten sind, in vier Klassen, nämlich: 
a) Anstalten mit ununterbrochenem Dienst (Tag und Nacht), 
b) Anstalten mit verlängertem Tagesdienst (bis Mitternacht), 
J) Anstalten mit vollem Tagesdienst (bis 9 Uhr abends), 
d) Anstalten mit beschränktem Tagesdienst. 
Die Dienststunden der Anstalten unter b und c beginnen in der Zeit vom 1. April bis Ende Sep- 
tember um 7 Uhr morgens, in der Zeit vom 1. Oktober bis Ende März um 8 Uhr morgens. 
An Soun= und Festtagen wird jedoch von der Mehrzahl dieser Anstalten beschränkter Dienst ab- 
gehalten. Die Dienststunden der Anstalten unter d werden, den örtlichen Bedürfnissen entsprechend, 
für jeden Ort besonders festgestellt. 
. 4. 
1 Telegramme können nach allen Orten aufgegeben werden, nach welchen die vorhandenen 
Telegraphenverbindungen auf dem ganzen Wege oder auf einem Theile desselben die Gelegenheit 
zur Beförderung darbieten. Ist am Bestimmungsorte eine Telegraphenanstalt nicht vorhanden, so 
erfolgt die Weiterbeförderung von der äußersten bz. der seitens des Aufgebers bezeichneten 
Telegraphenanstalt entweder durch die Post oder durch Eilboten, oder durch Post und Eilboten, 
oder durch Estafette. Der Aufgeber eines Telegramms kann verlangen, daß dasselbe bis zu einer 
von ihm bezeichneten Telegraphenanstalt telegraphisch und von dort bis zum Bestimmungsorte durch 
die Post befördert werde. Die Verwendung von Eilboten zur Beförderung von Telegrammen 
zwischen Orten, in welchen Telegraphenanstalten bestehen, ist dagegen ausgeschlossen. Ist keine Be- 
stimmung über die Art der Weiterbeförderung getroffen, dann wählt die Ankunfts-Telegraphen= 
  
*) Centr.-Blatt von 1880 S. 560. 
Benutzung des 
Telegraphen. 
Wahrung des 
Telegraphen- 
geheimnisses. 
Dienststunden 
der 
Telegraphen- 
anstalten. 
Orte, nach 
welchen Tele- 
gramme ge- 
richtet werden 
können.
	        
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