Object: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

316 Italienische und spanische Wirren. 1867 
ihres Strebens ausdrücklich anerkannt. Aber er sah auch, 
wie einsam er mit dieser Anschauung im eignen Lande stand. 
Ohne Zweifel war durch das Emporkommen der beiden neuen 
Reiche an seiner Ostgrenze Frankreichs Machtstellung relativ 
gesunken; unter den großen Katastrophen waren die Andern 
gewachsen, Frankreich hatte nicht eine Scholle Landes davon- 
getragen. Der politisch active Theil des französischen Volks 
verzieh es dem Kaiser nicht, daß er es dahin hatte kommen 
lassen; ein bitterer Haß gegen Preußen und Stalien erfüllte 
die Armee und den Klerus, die Volksvertreter und die Zeitungs- 
presse. Auch die liberale Opposition, deren Grundsätze sonst 
das freie Selbstbestimmungsrecht aller Völker gefordert hatten, 
ließ sich jetzt keinen Anlaß entgehn, die heillose Schwäche 
der Regierung und die Entwürdigung Frankreichs allem Volk 
zu verkünden. Napoleon sah sich gezwungen, mit diesen 
Stimmungen zu rechnen. Nicht nach eigner Neigung, sondern 
durch sein Volk gedrängt, faßte er seine Stellung dahin: 
wir nehmen den vorhandenen Zustand an, dürfen aber keinen 
weitern Fortschritt der Andern dulden, bis wir selbst eine 
entsprechende Stärkung gewonnen haben. 
Wir haben gesehn, wie er sich in diesem Sinne mit 
Osterreich verständigt hatte: die Trennung Süddeutschlands 
vom Nordbund muß kraft des Prager Friedens erhalten 
bleiben. Es war ein Begehren im Widerspruch gegen die 
Natur der Dinge, und zugleich haltlos in seiner rechtlichen 
Begründung, da man bekanntlich in Deutschland die Worte 
des Prager Vertrags ganz anders als in Paris und Wien 
auslegte. Von Herstellung des Vertrauens und Sicherung 
des Friedens blieb man bei dieser Haltung gleich weit entfernt. 
Indessen wurde einstweilen der Bruch vermieden, da Bismarck
	        
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