Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

Das Beensche Reich und seine einjelnen Glieder. (April 19.—22.) 63 
19. April. (Preußen.) Der Humorist Wilhelm Busch feiert 
seinen 70. Geburtstag. Der Kaiser schickt ihm folgendes Telegramm: 
Dem Dichter und Zeichner, dessen köstliche Schöpfungen voll echten 
Humors unvergänglich im deutschen Volk leben werden, spreche ich Meinen 
aufrichtigen Glückwunsch zum 70. Geburtstage aus. Möge demselben ein 
schöner Lebensabend beschieden sein. In Dankbarkeit für die vielen fröh- 
lichen Stunden, welche Sie ihm bereiten, 
Wilhelm I. k. 
19. April. (Greiz.) Heinrich XXII., Fürst von Reuß ä. L., 
56 Jahre alt, l. 
20. April. (Hannover.) Der Kaiser enthüllt ein Denkmal 
für den General v. Rosenberg und hält dabei folgende Rede: 
Ich begrüße am heutigen Tage die gesamte Reiterei des deutschen 
Heeres! Fürwahr, über das Grab des Generals hinaus hat seine Per- 
sönlichkeit eine so gewaltige, magische Anziehungskraft bewiesen, daß sie 
aus allen Gauen des Deutschen Reiches und den Kontingenten Meiner 
Verbündeten die Reiter zusammengezogen hat, so daß unsere deutsche 
Reiterei heute zum erstenmal eine einzige große geschlossene Masse hat 
zeigen können. Wir wollen uns eine hepu aus dem heutigen Tage 
nehmen. Wie der General nur seine Dienste und seine Pflicht kannte, so 
mögen Sie es auch tun. Das Höchste, was einem Offizier in seinem 
Dienste im Leben blühen kann, ist die eigene volle Befriedigung in der 
Ausfüllung seiner Stelle. Wir können — zurückblickend über das Leben 
des Generals v. Rosenberg — ein Gedenkwort schreiben, das für uns aber 
auch zu gleicher Zeit bis in alle Zukunft gelten soll: Ziel erkannt, die 
Kräfte gespannt! Das sei auch maßgebend für unsere Reiterei. So mögen 
wir auch aus dem heutigen einfachen Denkmal Sinnbild und Vorbild 
schöpfen. Aus märkischem Granit ein Block trägt die Züge des Generals, 
in Erz geprägt. So mögen auch Sie das Stück Granit unseres Heeres, 
das sich Reiterei nennt, hegen, pflegen und krystallisieren lassen, daß jeder, 
der darauf beißt, die Zähne verliert. In diesem Sinne erhebe Ich Mein 
Glas und trinke auf das Andenken des Generals, auf die deutsche Reiterei 
und den hervorragendsten Vertreter derselben, den General-Feldmarschall 
Grafen v. Waldersee! Hurral! 
22. April. (Reichstag.) Gerichtsstand der Presse. — 
Schaumweinsteuer. 
In der ersten Beratung des Gesetzentwurfs über den Gerichtsstand 
der Presse wird namentlich die Bestimmung, daß für die Privatklage gegen 
einen Redakteur neben dem Domizil der Zeitung noch als zweiter Gerichts- 
stand der Wohnort des Klägers gesetzlich festgelegt werden soll, scharf an- 
gegriffen. 
In zweiter Lesung wird die Schaumweinsteuer angenommen. Hie- 
nach werden besteuert „Schaumweine aus Traubenwein, aus Obstwein oder 
Beerenwein (Fruchtwein), sowie alle schaumweinähnlichen Getränke, sofern 
sie zum Verbrauch im Inlande bestimmt sind“. Die Steuer beträgt für 
aus Fruchtwein hergestellte Schaumweine 10 Pfennig, für andere Schaum- 
weine 5 Pfennig für jede Flasche. Die Entrichtung der Steuer hat durch 
den Hersteller des Schaumweins zu erfolgen mittels Anbringung eines 
Steuerzeichens an der Umschließung, bevor der fertige Schaumwein aus 
der Erzeugungsstätte entfernt oder innerhalb derselben getrunken wird.
	        
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