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3. Zoll= und Steuer-Wesen.
Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 10. d. M. beschlossen, daß die Ziffer II der Anweisung zur
zollamtlichen Prüfung von Mühlenfabrikaten (Anlage zu dem Regulativ für Getreidemühlen und Mälzereien
aaer don 1. Januar 1898 ab gültigen Fassung — Central-Blatt für 1897 S. 367 —) wie folgt zu
gestalten ist:
„II. Bei der zollamtlichen Abfertigung von Kleie entscheiden die Follbehörden nach freiem Ermessen
darüber, ob ein als „Kleie“ deklarirtes Mühlenfabrikat zollamtlich als solches zu behandeln
oder nach Nr. 25f42 des Tarifs zu verzollen ist.
Wenn die Beamten bei einem als Kleie aus Weizen oder Roggen deklarirten und
zweifellos aus diesem Rohmateriale gewonnenen Mühlenfabrikate wegen des Mehlgehalts
Bedenken gegen die zollfreie Ablassung haben und die Betheiligten sich der Denaturirung
widersetzen, so hat durch einen vereidigten Chemiker die Untersuchung der Waare auf ihren
Aschengehalt mit der Maßgabe stattzufinden, daß die Waare ohne vorgängige Denaturirung
kolfei abzulassen ist, wenn ihr Aschengehalt mindestens 4,1 Prozent in der Trockensubstanz
eträgt.
Bestehen Bedenken gegen die zollfreie Ablassung eines als Kleie aus Gerste deklarirten,
zweifellos aus diesem Rohmateriale gewonnenen Mühlenfabrikats und widersetzen sich die Be-
theiligten der Denaturirung, so ist die Waare zunächst dem in Ziffer I bezeichneten Sieb-
verfahren zu unterwersen. Beträgt hierbei das abgesiebte Mehl höchstens 50 Prozent und ist
dasselbe von keiner helleren als einer weißlich-gelben Farbe, so kann die Waare ohne vor-
gängige Denaturirung zollfrei abgelassen werden. Bleiben auch nach dem Absieben noch Be-
denken hinsichtlich der Beschaffenheit der Waare, namentlich mit Rücksicht auf die weiße
Färbung des abgesiebten Mehles, so ist durch einen vereidigten Chemiker die Feststellung des
Aschengehalts dieses Mehles mit der Maßgabe herbeizuführen, daß die zollfreie Ablassung
der Waare ohne vorgängige Denaturirung zu erfolgen hat, wenn der Aschengehalt des Mehles
mindestens 5 Prozent in der Trockensubstanz beträgt.
Ebenso ist bei einem von den Abfertigungsbeamten der Nr. 2542 des Tarifs zuge-
wiesenen Mühlenfabrikate die Ermittelung des Aschengehalts — bei Fabrikaten aus Gerste
nach vorausgegangenem Siebverfahren — herbeizuführen, wenn die Betheiligten dies ver-
langen und 4hph den Fall, daß das Ergebniß zu ihren Ungunsten ausfällt, also ein geringerer
als der in den vorhergehenden beiden Absätzen bezeichnete Mindestgehalt an Asche festgestellt
wird, die Kosten der Untersuchung übernehmen. In diesem Falle ist die zollfreie Ablassung
der Waare auch nach vorgängiger Denaturirung nicht zulässig.“
Berlin, den 21. Februar 1899.
Der Reichskanzler.
Im Auftrage: v. Koerner.