Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Dreißigster Jahrgang. 1902. (30)

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10. Die Lymphdrüsen. 
Die Lymphdrüsen gesunder Thiere haben eine festweiche Konsistenz und eine gelblichweiße bis 
graublaue Farbe, über ihre Schnittfläche ergießt sich eine spärliche Menge Flüssigkeit. Die im Fleische 
gelegenen Lymphdrüsen sind etwas fester als diejenigen der Eingeweide. Bei geschlachteten gesunden 
Thieren findet man auf der Schniltfläche die Außenzone mancher Lymphdrüsen roih gefärbt. Die Lymph- 
drüsen an den Lungen und im Gekröse sind bei älteren Wiederkäuern vielfach schwärzlich gefärbt. 
Zweiter A#bschnitt. 
Die Kennzeichen der wichtigsten Krankheiten bei lebenden und geschlachteten Thieren nebst 
Bemerkungen über die Schlachtvieh= und Fleischbeschau. 
I. Infektionskrankheiten. 
Eine größere Anzahl von Krankheiten des Menschen und der Thiere wird durch kleinste, nur mit 
Hülfe starker Vergrößerungsgläser erkennbare, zu den niedrigsten Lebewesen, insbesondere den Baklerien 
zählende Gebilde hervorgerufen. Diese dringen in den thierischen Körper durch nalürliche Oeffnungen, 
z. B. das Maul, die Nase oder durch Verletzungen ein, leben und vermehren sich in demselben und bilden 
die eigentlichen Träger des Ansteckungsstoffs. 
1. Der Milzbrand. 
Der Verlauf und die Krankheitserscheinungen sind verschieden. Schase sterben gewöhnlich plötzlich, 
ohne daß man vorher an ihnen erheblichere Krankheitserscheinungen bemerkt hat. Bei Rindern dauert 
die Krankheit gewöhnlich mehrere Stunden bis zwei Tage. Sie zeigen ohne nachweisbare Ursache Un- 
ruhe, Aufregung oder Abstumpfung, Muskelzittern, hohes Fieber, Athembeschwerden, gesträubtes Haar, 
mangelnde Freßlust, Störung des Wiederkäuens, leichtes Aufblähen; die Ausflüsse aus den natürlichen 
Körperöffnungen können mit geringen Mengen Blut vermischt sein. In manchen Fällen findet man schnell 
wachsende Anschwellungen oder umschriebene Knolen an der Körperoberfläche; die letzteren sind anfänglich 
heiß und schmerzhaft, später kalt und schmerzlos. 
Das Blut ist dunkelroth, theerartig. Das Muskelfleisch kann dunkelrolh gefärbt, weich und mit 
Blutungen durchsetzt sein. Unter der Haut finden sich gelbe, sulzige Massen, gelbe, wässerige Flüssigkeit 
oder rothsulzige Einlagerungen. Die Milz ist in den meisten Fällen gleichmäßig oder beulig stark 
geschwollen, schwarzroth, weich, auf der Schnitlfläche entleert sich theerartiges Blut. Unter den serösen 
Häuten und in der nicht selten entzündeten Darmschleimhaut machen sich häufig Blutpunkte bemerkbar. 
Beim Schweine ist das gesammte Bindegewebe am Halse wässerig-blutig durchtränkt. 
In vielen Fällen sind die erwähnten Kennzeichen der Krankheit nur undeutlich vorhanden oder 
es fehlen manche derselben. Als der Milzbrandkrankheit besonders verdächtig haben zu gelten alle Rinder, 
deren Milz geschwollen und erweicht ist, welche blutigen Durchfall hatten und bei denen die Darmschleim- 
haut geschwollen, mit Bluipunkien oder Blutstreisen besetzt ist und ein chokoladenfarbener bis schwarzrother, 
blutiger Darminhalt gefunden wird. 
Auf Milzbrand ist namentlich zu achten bei Rindern, Schafen und Ziegen (5F. 8). Die Schlachtung 
ist zu verbieten (§. 9). Der Polizeibehörde ist Anzeige zu erstalten (§§. 14, 32). Die Fleischbeschau bleibt 
dem Thierarzte vorbehalten (s. 31). Der Beschauer hat Hände und Arme gründlich zu reinigen und zu 
desinfiziren (§F. 16); vergl. auch Anhang Nr. 2. Diese Schutzmaßregel ist überhaupt allen beim 
Schlachten behülflich gewesenen Personen dringend zu empfehlen. Versonen, welche Wunden an den 
Händen haben, sollten, auch wenn die Verletzungen nur unbedeutend sind, ohne Verzug die Hülfe des 
Arztes in Anspruch nehmen. Die Gefahr der Uebertragung des Milzbrandes von Thier auf Mensch 
beim Abhäuten und Zerlegen von Thieren ist sehr groß; der Milzbrand ist auch beim Menschen eine 
schwere, oft tödtliche Krankheit. 
2. Der Rauschbrand. 
Für diese Krankheit sind fast ausschließlich die Rinder (zwischen 1 und 4 Jahren) empfänglich; 
in seltenen Fällen wird sie bei Schafen und nur ganz ausnahmsweise bei anderen Thierarten beobachtet. 
Die Krankheit endet fast immer nach 1½ bis 3 Tagen tödtlich. 
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