Object: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

408 Josef Grunzel, Die Industrie. 
Beziehungen zu jener Industriegruppe, welche ihr wegen der örtlichen Lage oder aus anderen 
Gründen die nächste war. Später aber musste das Bestreben dahin gehen, durch die Er- 
streckung der Tätigkeit auf andere Industriegruppen einen Risken-Ausgleich herbeizuführen und 
durch Angliederung anderer Banken Kapitalkraft und Klientel zu vermehren. Die heute be- 
stehenden 5 deutschen Grossbanken repräsentieren mit ihren Gruppen eine Kapitalsmacht von 
rund 21, Milliarden Mark. 
Die grösste Sorge bereitete in der Industrie das Verhältnis zwischen Arbeiter und Arbeitgeber, 
aber auch diese soziale Frage hat von ihrer anfänglichen Schärfe viel verloren. Bevölkerung und Re- 
gierung haben sich in die Hände gearbeitet. Das Fabrikssystem hatte durch Heranziehung von 
weiblichen und jugendlichen Hilfskräften ein Reservoir von Arbeitskraft geöffnet, das bisher für 
die gewerbliche Tätigkeit brach gelegen war, aber damit die wirtschaftliche Lage der Arbeiterschaft 
stark verschlechtert. Die Stärke der Schwachen aber ist die Organisation und diese wurde unter 
den Arbeitern durch die örtliche und wirtschaftliche Konzentration begünstigt. Es lag sogar die 
Gefahr nahe, dass die Arbeiter-Organisationen die Übermacht erhalten und eine Schwächung der 
industriellen Kraftdes Landesherbeiführen könnten, eine Gefahr, die in England, Frankreich und in den 
Vereinigten Staaten von Amerika nicht ganz vermieden worden ist. Da fand sich aber ein Gegengewicht 
in den Organisationen der Arbeitgeber und zum Teil auch in neuen Organisationen der Arbeiter, den 
sogenannten „gelben“ Gewerkschaften (im Gegensatz zu den „roten“ oder sozialdemokratischen) 
und den vaterländischen Arbeitervereinen. Die folgenden Ziffern sollen aber nicht zu dem Glauben 
verleiten, dass die Bedeutung einer Organisation lediglich an der Zahl und Mitgliederstärke der 
Vereine zu messen ist. In allen Ländern ist nur ein Bruchteil der Arbeiter organisiert, in Deutsch- 
land etwa ein Viertel, und doch steht fast die ganze Arbeiterschaft unter dem Einflusse der 
Organisationen. Für die Arbeiter kommen in Betracht die: 
Jahresdurchschnitt 1910 
Mitglieder Jahreseinnahmen in Mark 
freien Gewerkschaften... 1,831.731 64,372.190 
Hirsch-Duncker’schen Gewerkvereine ............. 105.633 3.926.693 
Christlichen Gewerkschaften ..............2.2.... 264.519 5,400.994 
Unabhängigen Vereine .........2c2eeneneeneerenn 615.873 1,932.270 
Vaterländischen Vereine .. 22.222200 33.993 148.343 
Gelben Arbeiterverbände ..........cccccecenc 63.877 641.198 
Die Arbeitgeberverbände gliederten sich nach dem amtlich erhobenen Stande vom 1. Januar 
1911 in folgender Weise: 
Landes- Gesamtzahl 
Reichs- oder Orts- Gesamtzahl der Arbeiter 
verbände Bezirks- veıbände der Mitglieder in den organisierten 
verbände Unternehmungen 
Landwirtschaft „22222222222... 3 T 36 12.637 77.082 
Bergbau, Hütten- u. Salinenwesen l 9 —_ 250 445.401 
Industrie der Steine u. Erden .. 15 33 52 3.094 196.511 
Metallverarbeitung, Industrie der 
Maschinen usw. 2.22.2222... J)6 % 71 13.258 749.885 
Chemische Industrie ............ l _ 3 104 23.858 
Textilindustrie ....02222222.... > 18 0 3.302 492.829 
Papierindustrie ....2222.222.... i ll 19 869 49.280 
Lederindustrie.......cceeeeccn. 1 10 35 1.314 14.839 
Holz- u. Schnitzwarenindustrie 3 Ö 166 4.986 65.387 
Industrie der Nahrungs- und 
Genussmittel... 2c2cceceeeen. 5 43 8 10.446 184.254 
58 233 536 50.260 2.299.336
	        
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