II. Reichsgesetzgebung. Art. 4. 147
Handelsfirmen, Handelsbücher und Prokura), sowie der kaufmännischen
Angestellten: Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge, außerdem der
Handlungsagenten und Handelsmäkler, und über die besonderen Rechte und
Pflichten der Handelsgesellschaften, und zwar der offenen Handelsgesellschaft,
der Kommanditgesellschaft, Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien
und stillen Gesellschaft. Ferner sind das bürgerliche Recht abändernde und
ergänzende Vorschriften über die „Handelsgeschäfte“ getroffen und unter
diesen besonders hervorgehoben: der Handelskauf, das Kommissions--,
Speditions-, Lager= und Frachtgeschäft sowie die Beförderung von Gütern
und Personen auf den Eisenbahnen. Endlich ist der Seehandel geregelt;
neben allgemeinen Vorschriften enthält das Gesetz Bestimmungen über die
besonderen Rechte und Pflichten der Rheder und Schiffer, ferner Be-
stimmungen über das Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern und
Reisenden, die Bodmerei, Haverei, die Bergung und Hilfeleistung in See-
not, die Schiffsgläubiger, die Verficherung gegen die Gefahren der See-
schiffahrt und die Verjährung. Einige seerechtliche Vorschriften find durch
die Novellen v. 2. Juni 1902 R.G. Bl. S. 218, v. 12. Mai 1904 R.G. Bl.
S. 167 und v. 30. Mai 1908 R. G. Bl. S. 367 abgeändert. Im allgemeinen
hat das Handelsgesetzbuch die Tendenz, bestimmte Formen und Gewohn-
heiten, die der Handelsverkehr angenommen hat, zu legalifieren, ferner dem
Grundsatz von Treu und Glauben, der im Handelsverkehr erhöhte Kraft
hat, noch mehr Geltung zu verschaffen als im Bürgerlichen Recht und des-
halb den Handelsverkehr von gewissen Formen zu befreien, die für ent-
sprechende Geschäfte außerhalb des Handelsverkehrs gelten. Für die Regelung
der Verhältnisse der kaufmännischen Angestellten waren besonders sozial-
politische Erwägungen maßgebend. Für die Handelsgesellschaften, nament-
lich die Aktiengesellschaften sind zum Schutze der einzelnen Gesellschafter
und Gläubiger gegen Übervorteilung strenge Vorschriften erlassen.
Die Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs find bezüglich des Seehandels
und des Frachtgeschäfts ergänzt durch die Seemannsordnung v. 2. Juni 1902
R. G. Bl. S. 175, die Strandungsordnung v. 17. Mai 1874 R.G. Bl. S. 73,
das Ges. v. 15. Juni 1895 betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnen-
schiffahrt R.G. Bl. S. 301 und 1898 S. 868 und das Gesetz desselben
Datums betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Flößerei R. G. Bl.
S. 341.
Die Seemannsordnung, ergänzt durch die Ges. v. 23. März 1908
R.G. Bl. S. 57 und v. 12. Mai 1904 R. G. Bl. S. 167, regelt das Dienst-
verhältnis der Schiffsmannschaft, enthält bezüglich ihres Dienstvertrages
(des Heuervertrages) erhebliche Beschränkungen der Vertragsfreiheit und
unterwirft die Schiffsmannschaft der Disziplinargewalt des Kapitäns. Auch
wird die Tätigkeit der Seemannsämter geregelt, die als Musterungsbehörden
und Schiedsgerichte tätig find.
Die Strandungsordnung, abgeändert durch das Ges. v. 30. Dez. 1901
R.G. Bl. 1902 S. 1, regelt das Verfahren bei Bergung und Hilfsleistung
für ein unweit des Strandes in Seenot geratenes Schiff sowie das Ver-
fahren bei Bergung von besitzlos gewordenen Gegenständen, die von der
See auf den Strand geworfen oder von offener See aus geborgen werden.
Die Reichsgesetze über die Binnenschiffahrt und Flößerei geben Be-
stimmungen, welche für diese Verkehrszweige das Dienstverhältnis der An-
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