VIII. Post- und Telegraphenwesen. Art. 49. 50. 549
Wege der Gesetzgebung getroffene Regelung an sich verfafsungswidrig ist;
es muß also die durch Art. 78 Abs. 1 R.V. vorgeschriebene Mehrheit für
das Gesetz stimmen. Daß dies geschehen ist, darf allerdings im einzelnen
Falle im Hinblick auf das dem Kaiser bei der Verkündung des Gesetzes zu-
stehende Prüfungsrecht vermutet werden; val. Art. 2 III 1 S. 46 ff. Ist ein
Reichsgesetz ergangen, so können neben ihm die durch Art. 48 Abs. 2 aufrecht
erhaltenen reglementarischen Vorschriften in der Regel nur noch zur Er-
gänzung und Ausführung in Betracht kommen; dgl. auch die Entsch. des
Reichsgerichts v. 21. März 1899 (II. Cs. Bd. 43 S. 130).
Artikel 49.
Die Einnahmen des Post= und Telegraphenwesens sind für das ganze
Reich gemeinschaftlich. Die Ausgaben werden aus den gemeinschaftlichen
Einnahmen bestritten. Die Überschüsse fließen in die Reichskasse (Ab-
schnitt XII).
Die Bestimmung des Art. 49 ist eine Konsequenz des Art. 48 Abs. 1.
Aus 81 Abs. 1 des Ges. über die Rechtsverhältnisse der zum dienstlichen
Gebrauche einer Reichsverwaltung bestimmten Gegenstände v. 25. Mai 1873
R.G. Bl. S. 113 ergibt sich ferner, daß seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
das Reich das Eigentum an allen zum Post= und Telegraphenbetrieb bestimmten
Gegenständen — Grundstücken und Inventar — erworben hat. Doch bezieht
sich das Gesetz nicht auf die Post= und Telegraphenverwaltung von Bayern
und Württemberg, weil diese Verwaltungen nicht verfassungsmäßig aus
Reichsmitteln zu unterhalten find; vgl. Laband IV S. 360.
Artikel 50.
Dem Kaiser gehört die obere Leitung der Post= und Telegraphen-
verwaltung an. Die von ihm bestellten Behörden haben die Pflicht und
das Recht, dafür zu sorgen, daß Einheit in der Organisation der Ver-
waltung und im Betriebe des Dienstes, sowie in der Qualifikation der
Beamten hergestellt und erhalten wird.
Dem Kaiser steht der Erlaß der reglementarischen Festsetzungen und
allgemeinen administrativen Anordnungen, sowie die ausschließliche Wahr-
nehmung der Beziehungen zu anderen Post= und Telegraphenverwaltungen zu.
Sämtliche Beamte der Post= und Telegraphenverwaltung sind ver-
pflichtet, den Kaiserlichen Anordnungen Folge zu leisten. Diese Ver-
pflichtung ist in den Diensteid aufzunehmen.
Die Anstellung der bei den Verwaltungsbehörden der Post und Tele-
graphie in den verschiedenen Bezirken erforderlichen oberen Beamten (z. B.
der Direktoren, Räte, Ober-Inspektoren), ferner die Anstellung der zur
Wahrnehmung des Aufsichts= usw. Dienstes in den einzelnen Bezirken als
Organe der erwähnten Behörden fungierenden Post= und Telegraphen=