Einleitung. XXXI
vermutungen (z. B. §§ 16°, 484, 939, 11173, 12532,
1540, 15912, 17202, 2009, 22552) welche bestimmen, daß
im Rechtsstreit für den Fall des Vorhandenseins eines Tat-
bestandes ein anderer gesetzlich erheblicher Tatbestand, bis
zur Feststellung des Gegenteils, die im BE#. nirgends ab-
geschnitten wird, als wahr angenommen werden soll (83P#.
§J 292). Mit fast unmerklichem Übergang (88 182, 19, 20)
sügen sich an diese die Rechtsvermutungen:) fiz. B. 88 891,
921, 1006, 1362, 1527, 1964, 2365), welche sämtlich ihrer-
seits wiederum mit den Rechtsscheinwirkungen (oben Nr. 9) im
engsten Zusammenhang stehen. Solange ihre Grundlage nicht
beseitigt ist (wie z. B. der Erbschein durch Einziehung seitens
des Nachlaßgerichts § 2361), werden im Rechtsstreit alle zur
Begrüundung des Vollrechts (Rechtsverhältnisses, Rechtslage)
dienlichen Behauptungen des Scheinberechtigten bis zum Be-
weise des Gegenteils als richtig angenommen und der gericht-
lichen Rechtsanwendung zugrunde gelegt. Sie gehen aber da-
durch viel weiter als bloße Tatsachenvermutungen, daß sie einen
unmittelbaren Schluß von dem die Vermutungsvoraussetzung
bildenden Rechtsschein auf das Bestehen des wahren Rechts
(Rechtsverhältnisses, Rechtslage) vorschreiben. Der Schein-
berechtigte ist nicht nur vom Beweise, sondern auch von der
Behauptung der Entstehungstatsachen für das behauptete
Recht befreit. Denn das Gericht hat ohne jede Feststellung
und Würdigung solcher Tatsachen das Bestehen des Vollrechts
so lange anzunehmen, bis sich aus dem von der Gegenseite zu
behauptenden und nötigenfalls zu beweisenden Tatsachen positiv
ergibt, das dieses Bestehen ausgeschlossen ist.
Die Vermutungen sind, insofern sie der prozessualischen Fest-
stellung dienen, Prozeßrechtssätze. Gleichwohl sind sie im einzelnen
zweckmäßig den Privatrechtsinstituten angeschlossen, denen sie dienen.
11. Die für die prozessualische Beweislastfrage be-
stehenden — durch die Vermutungen nicht betroffenen —
Schwierigkeiten liegen in erster Linie in den Zweifeln über die
materielle Bedeutung eines Tatbestandsmoments. Eine aus-
drückliche Regelung der Beweislast empfiehlt sich daher nicht.
1) Der hier 1898 vorgeschlagene Ausdruck hat sich inzwischen ein-
gebürgert.