Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Reichsfinanzwesen (II. Reichsfiskus — III. Reichsvermögen) 
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insbesondere hat das preußische KriegsMin keine 
Vertretungsbefugnis in Prozessen wegen Festungs- 
grundstücken (RGZ 8, 1 ff), ebensowenig kann 
eine Steuerdirektion in Prozessen wegen Rtem- 
pelabgaben den RF vertreten, wenn die Klage 
irrtümlicherweise gegen diesen, statt gegen den 
Landesfiskus erhoben worden ist (R# Z 11, 93 ff). 
Selbstverständlich ist es aber nicht ausgeschlossen, 
daß durch RGesetz Landesbehörden zur Vertretung 
des RF berufen werden können, und dies ist na- 
mentlich geschehen hinsichtlich der Intendan- 
turbehörden (opgl. die § 2 a. E. zitierten 
Reichsgesetze). 
Inwieweit der RF verpflichtet ist, einen Scha- 
den zu ersetzen, welchen ein RBeamter bei Aus- 
führung der ihm obliegenden Verpflichtungen 
einem Dritten zugefügt hat, d. h. ob der Fiskus 
nach § 31. 89 oder nach § 831 des BGB haftet, 
ist davon abhängig, ob der Beamte ein „ver- 
fassungsmäßig berufener Vertreter“ (§5 31) des 
NR oder vom R,,zu einer Verrichtung bestellt ist“ 
(5 831). Die Entscheidung dieser Frage ist in 
vielen Fällen schwierig und zweifelhaft. Rc 
53, 279; 55, S 176, 230. Die Haftung für Amts- 
handlungen in Ausübung der öffentlichen 
Gewalt bestimmt sich jetzt nach dem R v. 22. ö. 10 
(RBl 798). Das Reich haftet an Stelle des Be- 
amten dem Dritten für den Schaden, welcher 
diesem aus der Pflichtverletzung des Beamten 
entstanden ist, also nur wenn der Beamte nach 
BGGB 839 gehaftet haben würde. Hinsichtlich 
des Schadensersatzes unterscheidet das Reichs- 
gesetz, ob der Beamte vorsätzlich, fahrlässig oder 
im Zustand der Bewußtlosigkeit oder krankhafter 
Störung der Geistestätigkeit den Schaden ver- 
ursacht hat. Der schuldige Beamte ist dem Reich 
ersatzpflichtig. 
§s 4. Der Wohnsitz. Analoge Grundsätze wie 
für die Vertretung gelten hinsichtlich der Be- 
stimmung des Quasidomizils des R. Das gene- 
relle und subsidiäre Domizil ist Berlin als Sitz 
der Zentralbehörden; jede zur Vertretung des 
RF befugte Behörde ist aber als eine Zweig- 
niederlassung anzusehen, deren amtlicher 
Sitz für den zu ihrer Zuständigkeit gehörenden. 
Kreis von Geschäften ein spezieller Wohnsitz 
des RF ist. Hierdurch bestimmt sich der Ge- 
richtsstand des RF (3P0 7 18); außerdem 
ist aber der Wohnsitz in vielen Fällen maßgebend 
für das zur Anwendung zu bringende Recht und 
insbesondere gilt auch für den Fiskus der Rechts- 
satz, daß der Wohnort des Schuldners in der Regel 
als Erfüllungsort anzusehen ist. 
#5. Die Privilegien. Für den RF gelten in 
jedem Rebiete diejenigen Rechtsregeln, welche 
die dort geltende Gesetzgebung hinsichtlich des ein- 
heimischen Staatsfiskus aufstellt; denn der RF 
ist kein fremder, ausländischer Fiskus, sondern an 
die Stelle des Landesfiskus getreten. Er nimmt 
daher auch teil an den Privilegien des letzteren. 
Dieselben sind teils privatrechtliche, teils prozes- 
sualische, teils Steuerbefreiungen. Die privat- 
rechtlichen sind von unerheblicher Bedeutung; sie 
sind nach dem BG## beschränkt auf die FreiheitW 
fiskalischer Grundstücke vom Buchungszwang, auf 
den Versteigerungserlös gewisser Fundsachen und 
auf ein subsidiäres Erbrecht, wenn der Erblasser 
ein Deutscher war, der keinem Bundesstaate an- 
gehörte. Die prozessualischen bestehen in Gebüh- 
  
renfreiheit, Vorzugsrechte im Konkurse und Be- 
günstigungen bei Zwangsvollstreckungen wegen 
Geldforderungen gegen den Fiskus (Gerichts- 
kosten G § 98; Konkurs O +s49, 1, § 61, 2; E-#z. 
3VPO 15, 4). Wichtiger sind die Steuer- 
befreiungen. Die Besteuerung des Reichs 
ist jetzt durch das Röoe v. 15. 4. 11 (Röhl 187) 
geregelt. Das Reich ist befreit von allen 
Staatssteuern mit Ausnahme der Ab- 
gaben von Malz und Bier; es ist ferner befreit 
von der Zahlung aller Gerichtsgebühren. 
Dagegen ist es verpflichtet zur Zahlung der Be- 
nutzungs= und VerwGebühren für die Benutzung 
öffentlicher Veranstaltungen und für einzelne 
Handlungen der Amtsorgane. Der Kommu- 
nalbesteuerung ist das Reich in demselben 
Umfang wie der einheimische Staat unterworfen 
hinsichtlich der Grundsteuer, der indirekten Steuern 
vom Erwerb oder der Veräußerung von Grund- 
stücken, sowie der Abgaben von Malz und Bier. 
Die Gemeinden sind ferner berechtigt, vom Reich 
Zuschüsse zu verlangen zu denjenigen Ausgaben, 
welche ihnen infolge eines fabrikmäßigen RBe- 
triebes erwachsen. Besondere Vorschriften be- 
stehen für die Eisenbahnwerkstätten in Elsaß- 
Lothringen (G § 7). Die Reichsbank ist 
von staatlichen Einkommen= und Gewerbesteuern 
frei, dagegen den Kommunalsteuern unterworfen. 
Kiteratur: Laband 4, 1 114 und Reichsstaatsr. 
5* 44; Seydel in 8 für die deutsche Gesetzgebung 8, 226 ff. 
Böhlau, Mecklenb. Landrecht III 1, 4f f: Reincke 
in Beiträgen zur Erläuterung des Deutschen Rechts, 23, 
481 ff;-Zorn 2, 220; Hänel 1, 364 ; Hatschek 
im VerwArch 7, 424 ffö; O. Mayer 1, 142 ff. 
Fiskus. Laband. 
III. Reichsvermögen 
4* 1. Arten des Reichsvermögens. A. Finanzver- 
mögen. 12. Der Kriegsschatz. # 3. Die gewerbsmäßigen 
Betriebe. 1 4. Die Betriebssonds. — B. Verwal- 
tungsvermögen. 15. Allgemeine Grundsätze. 6. 
Die einzelnen Verwaltungszweige. — C. Reichsschul. 
den. 1 7. Finanz= und Verwaltungeschulden. # 8. An- 
leihen und Schatzanweisungen. 1 9. Die Verwaltung der 
Reichsschulden. ## 10. Reichsbürgschaften. 
# 1. Arten des Reichsvermögens. Das fis- 
kalische Verm dient dem Staate in zweierlei Art; 
teils unmittelbar zur Erfüllung der staatlichen 
Zwecke, zum Betriebe der Staatsanstalten und zur 
Amtsführung der Behörden, also als Apparat der 
staatlichen Tätigkeit; teils mittelbar, indem es die 
Regierung durch seinen Kapitalswert oder dessen 
Erträge in die Lage setzt, einen Teil der für die 
Durchführung der Staatszwecke erforderlichen Ko- 
sten bestreiten zu können, also als werbendes oder 
wirtschaftliches Verm des Staates [JStaats- 
vermögen, Staatskassenl. Das erstere 
nennt man „Verwaltungsvermögen“, das letztere 
„Finanzvermögen“; jenes ist wesentliches, durch 
den Staatszweck selbst erfordertes Verm des 
Staates, dieses ist zufälliges, durch die historische 
Entwicklung überliefertes oder in privatwirtschaft- 
licher Art aufgespeichertes Verm. Als Subjekt des
	        
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