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Besteht Gefahr auf dem Verzuge, so ist die
Polizeibehörde berechtigt, die im vorstehenden
Absatze bezeichneten Maßregeln, vorbehaltlich der
Strafversolgung, sofort vorzukehren.
Behnteg Hauptstück.
Uebertretungen in Bezug auf das Dienst-
boten-Wesen.
Art. 106.
Mit Haft bis zu acht Tagen oder Geld bis
zu fünfzehn Thalern werden Dienstboten bestraft,
welche
1) im Falle sic sich weiter verdingen, ihrer
Dienstherrschaft nicht rechtzeitig aufkündigen;
2) sich an mehrere Dienstherrschaften zugleich
verdingen;
3) ohne genügenden Rechtfertigungsgrund zur
bedungenen oder gesetzlichen Zeit nicht in
den Dienst eintreten;
4) ohne genügenden Rechtfertigungsgrund vor
Ablauf der bedungenen oder gesetzlichen
Dienstzeit den Dienst verlassen;
5) an abgeschafften Feiertagen oder anderen
Werktagen das Arbeiten verweigern oder
an Sonn= und wirklichen Feiertagen die
ihnen obliegenden Geschäfte nicht verrichten;
6) zur Arbeitszeit sich in Wirthshäusern, auf
Spielplätzen oder in Winkelkneipen herum-
treiben;
7) hartnäckigen Ungehorsam oder Widerspenstig-
keit gegen die Befehle der Dienstherrschaft
oder deren Stellvertreter sich zu Schulden
kommen lassen oder gegen dieselben die
Pflicht der schuldigen Achtung gröblich ver-
letzen;
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8) ohne Erlaubniß der Dienstherrschaft oder
deren Stellvertreter Jemanden beherbergen
oder zur Nachtzeit die Behausung ordnungs-
widrig verlassen.
Landwirthschaftliche Dienstboten oder auf
längere Zeit in Beschäftigung genommene Tag-
löhner, welche ohne genügenden Rechtfertigungs-
grund zur Erntezeit oder zur Saatl= und Aus-
bauzeit den Dienst verlassen, können mit Haft
bis zu vierzehn Tagen bestraft werden.
Die unter Abs. l. Ziff. 3, 4, 5, 7 und
Abs. II. bezeichneten Uebertretungen werden nur
auf Antrag der Dienstherrschaft oder ihres Stell-
vertreters gestraft.
Unabhängig von der Strafverfolgung steht
der Polizeibehörde die Befugniß zu, Dienstboten,
welche widerrechtlich den Antritt oder die Fort-
setzung des Dienstes verweigern, der Dienstherr
schaft auf ihren oder ihres Stellvertreters Antrag
zwangsweise vorzuführen.
Gleiche Befugniß hat die Polizeibehörde gegen
landwirthschaftliche, auf längere Zeit in Beschäf-
tigung genommene Taglöhner, welche zu der in
Abs. II. angegebenen Zeit ohne genügenden
Rechtfertigungsgrund die Arbeit verlassen.
Hat eine solche Vorführung stattgefunden,
und entzieht sich hierauf der Vorgeführte noch-
mals widerrechtlich demselben Dienste oder Ar-
beitsverhältnisse, so ist er mit Haft bis zu drei
Wochen zu bestrafen.
Art. 107.
An Geld bis zu fünf Thalern werden Dienst-
herrschaften gestraft, welche den districts= oder
ortspolizeilichen Vorschriften über die Anzeige
des Ein= und Austrittes von Dienstboten, sowie
über die Vorlage und Aufbewahrung der Dienst-
bücher zuwiderhaudeln.