Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1871-1872. (23)

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Besteht Gefahr auf dem Verzuge, so ist die 
Polizeibehörde berechtigt, die im vorstehenden 
Absatze bezeichneten Maßregeln, vorbehaltlich der 
Strafversolgung, sofort vorzukehren. 
Behnteg Hauptstück. 
Uebertretungen in Bezug auf das Dienst- 
boten-Wesen. 
Art. 106. 
Mit Haft bis zu acht Tagen oder Geld bis 
zu fünfzehn Thalern werden Dienstboten bestraft, 
welche 
1) im Falle sic sich weiter verdingen, ihrer 
Dienstherrschaft nicht rechtzeitig aufkündigen; 
2) sich an mehrere Dienstherrschaften zugleich 
verdingen; 
3) ohne genügenden Rechtfertigungsgrund zur 
bedungenen oder gesetzlichen Zeit nicht in 
den Dienst eintreten; 
4) ohne genügenden Rechtfertigungsgrund vor 
Ablauf der bedungenen oder gesetzlichen 
Dienstzeit den Dienst verlassen; 
5) an abgeschafften Feiertagen oder anderen 
Werktagen das Arbeiten verweigern oder 
an Sonn= und wirklichen Feiertagen die 
ihnen obliegenden Geschäfte nicht verrichten; 
6) zur Arbeitszeit sich in Wirthshäusern, auf 
Spielplätzen oder in Winkelkneipen herum- 
treiben; 
7) hartnäckigen Ungehorsam oder Widerspenstig- 
keit gegen die Befehle der Dienstherrschaft 
oder deren Stellvertreter sich zu Schulden 
kommen lassen oder gegen dieselben die 
Pflicht der schuldigen Achtung gröblich ver- 
letzen; 
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8) ohne Erlaubniß der Dienstherrschaft oder 
deren Stellvertreter Jemanden beherbergen 
oder zur Nachtzeit die Behausung ordnungs- 
widrig verlassen. 
Landwirthschaftliche Dienstboten oder auf 
längere Zeit in Beschäftigung genommene Tag- 
löhner, welche ohne genügenden Rechtfertigungs- 
grund zur Erntezeit oder zur Saatl= und Aus- 
bauzeit den Dienst verlassen, können mit Haft 
bis zu vierzehn Tagen bestraft werden. 
Die unter Abs. l. Ziff. 3, 4, 5, 7 und 
Abs. II. bezeichneten Uebertretungen werden nur 
auf Antrag der Dienstherrschaft oder ihres Stell- 
vertreters gestraft. 
Unabhängig von der Strafverfolgung steht 
der Polizeibehörde die Befugniß zu, Dienstboten, 
welche widerrechtlich den Antritt oder die Fort- 
setzung des Dienstes verweigern, der Dienstherr 
schaft auf ihren oder ihres Stellvertreters Antrag 
zwangsweise vorzuführen. 
Gleiche Befugniß hat die Polizeibehörde gegen 
landwirthschaftliche, auf längere Zeit in Beschäf- 
tigung genommene Taglöhner, welche zu der in 
Abs. II. angegebenen Zeit ohne genügenden 
Rechtfertigungsgrund die Arbeit verlassen. 
Hat eine solche Vorführung stattgefunden, 
und entzieht sich hierauf der Vorgeführte noch- 
mals widerrechtlich demselben Dienste oder Ar- 
beitsverhältnisse, so ist er mit Haft bis zu drei 
Wochen zu bestrafen. 
Art. 107. 
An Geld bis zu fünf Thalern werden Dienst- 
herrschaften gestraft, welche den districts= oder 
ortspolizeilichen Vorschriften über die Anzeige 
des Ein= und Austrittes von Dienstboten, sowie 
über die Vorlage und Aufbewahrung der Dienst- 
bücher zuwiderhaudeln.
	        
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