96 II. Verfassung.
Rechts ein Verweilen an einem Orte unter Verhältnissen,
welche ihrer Natur nach auf einen Aufenthalt von längerer
Dauer hinweisen, insbesondere als Dienstbote, Hand= und Fabrik-
arbeiter, Gewerbegehilfe, Studierender, vgl 38PO § 20, genügen.
Val Min d Inn, 28. Mai 1903, Nr 21 748. „Der Wohnsitz im Sinn
des Wahlgesetzes ist als Gegensatz zum nur vorübergehenden Auf-
enthalt zu fassen." Seydel in Hirths Ann 1880 S 362.
Val im übrigen Bem 3 zu § 32 Landt WG.
4. Die hier statuierte Karenzzeit von zwei Jahren von der
Erwerbung der badischen Staatsangehörigkeit an ist mehrfach, u a
auch in der Sitzung der ersten Kammer vom 5. Juli 1904 (Prot
S 242/43) unter Berufung auf die staatsrechtliche Literatur als mit
dem in Art 3 Abs 1 der Reichsverfassung gewährleisteten, für ganz
Dcutschland bestehenden „gemeinsamen Indigenat“ unvereinbar be-
zeichnet worden, da hiernach ein im wahlfähigen Alter stehender
Angehöriger eines anderen deutschen Bundesstaats die Wahlfähigkeit
erst zwei Jahre nach seiner Aufnahme in den badischen Staatsverband
erhält, während diejenigen Personen, welche die badische Staats-
angehörigkeit durch Abstammung erworben haben, in den Genuß des
Wahlrechts sofort nach Erreichung des gesetzlichen Alters treten. Dem-
gegenüber ist von dem Minister des Innern Dr. Schenkel in der
erwähnten Sitzung der ersten Kammer ausgeführt worden, daß das
in Art 3 der Reich-Verf anerkannte gemeinsame Bundesindigenat
keineswegs die politische Gleichstellung aller deutschen Reichsangehörigen
in allen deutschen Bundesstaaten zur Folge habe, vielmehr ledig-
lich „die bis dahin in Deutschland übliche verschiedenartige Behand-
lung in wirtschaftsrechtlicher Beziehung hinsichtlich der Angehörigen
der verschiedenen deutschen Staaten beseitigen“ wollte. Ebenso
Wielandt, Staatsrecht, S 25. Aehnlich führt Laband,
Staatsrecht I, S 168 aus, daß die Voraussetzungen, unter denen jeder
Deutsche wie zum festen Wohnsitz, so auch zur Erlangung des Staats-
bürgerrechts — worunter allerdings nicht lediglich der inzwischen
reichsgesetzlich geregelte Erwerb der Staatsangehörigkeit, sondern die
Erlangung der Fähigkeit zur vollen Ausübung aller staatsbürgerlichen
Rechte, namentlich auch des aktiven und passiven Wahlrechts zu ver-
stehen ist — in jedem deutschen Bundesstaat gleichmäßig zuzulassen
ist, in Art 3 der Reichs Verf überhaupt nicht geregelt sind, hier viel-
mehr nur die gleiche Behandlung aller Reichsangehörigen wie der An-
cehörigen des eigenen Staates verfügt ist. Es kann aber nicht an-
erkannt werden, daß die fragliche Bestimmung eine Bevorzugung der
als badische Staatsangehörige geborenen und eine Benachteiligung
der aus anderen deutschen Staaten zugezogenen, in die badische