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(No. 108.) Verordnung in Betreff der Vermögens= und Einkommenssteuer. Vom
20sten Juni 1812.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, Koͤnig von
Preußen 2c. 2c.
Es wird der unbefangenen Einsicht Unserer getreuen Unterthanen nicht
entgehen, daß nur die unvermedidlichste Nothwendigkeit Uns bewegen konnte,
eine allgemeine Vermögens= und Einkommenssteuer unter die Mittel aufzu-
nehmen, die Wir nach der genauesten Prüfung ergriffen haben, um den
Staat vor Gefahren zu sichern und ihm für die Folge eine glückliche Existenz
und das Wiederaufblühen seines Wohlstandes zu erhalten. Wir haben da-
bei die sorgfältigste Rücksicht da auf genommen, daß ein Jeder nur in dem
richtigsten Verhältnisse zu seinen Kräften beisteure, und den Ersatz des größ-
ten Theils der Abgabe dergestalt zugesichert, daß wirklich nur Ein Prozent
vom reinen Vermögen beigetragen wird. Ferner haben Wir die Last da-
durch zu erleichtern gesucht, daß Wir die Auszahlung der Steuer auf Drei
gerdumige Termine vertheilten, deren letzterer bekanntlich den 24sten Dezem-
ber dieses einfällt.
Hierdurch entsteht aber eine sehr große augenblickliche Verlegenheit, in-
dem die Bestreitung der beträchtlichsten Ausgaben zur Erfüllung Unsrer Ver-
bindlichkeiten gegen Frankreich und Behufs des durch die politischen Ver-
hältnisse erforderlich gewordenen Aufwandes, sich in einen kurzen Zeitraum
zusammendrängt, welches allein schon daraus erhellet, daß die am Ende
Februars noch rückständige an Frankreich zu entrichten gewesene Kontribution
von mehr als Fünf und Dreißig Millionen Franken, durch Lieferungen und
Leistungen für die Kaiserlich-Französische und verbündete Armec, gänzlich ge-
tilget ist, wie die nächsten, mit den Französischen Behörden anzulegenden Ab-
rechnungen ergeben werden.
Wir müssen zu außerordentlichen Maasregeln schreiten, um jenen Ver-
legenheiten abzuhelfen, und setzen diesemnach hiemit fesi:
§. 1. Es wird sogleich eine Verwaltungskommission für die, durch
die Vermögens= und Einkommenssteuer aufkommenden baaren Gelder gebil-
del, an die alles durch jene Steuer zu erhebende baare Geld, so wie es ein-
geht, verabfolget werden soll.