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Menschenpocken befallen worden, und daß diese Krankheit sich nicht nur haͤufig
in der Armee zeigt, sondern durch das Zusammenleben der Soldaten in den
Kasernen, Lazarethen und Quartieren, so wie in Folge der Maͤrsche und Rekru-
tentransporte verhaͤltnißmaͤßig eine noch grôößere Ausdehnung, als bei den Civil-
Einwohnern, erlangt. Die Umstände fordern daber fernere schützende Maaßre=
eln. Diese bestehen nach den seither darüber erlangten Erfahrungen in der
evaccination der Mannschaften, ohne Unterschied, ob dieselben Merkmale der
Schutzblattern-Impfung an sich tragen oder nicht. Die Revaccination soll so-
dann nicht von dem freien Willen der Individuen und von der bloß vermit-
telnden Einwirkung der Truppen-Kommandeure abhängig seyn, es soll hierunter
vielmehr, wie bei der Waccination
(Kabinetsorder vom 30sten Mai 1826.)
nöthigenfalls zwangsweise zu Werke gegangen werden, wobei in sanitätspolizei-
licher und militairdienstlicher Beʒichung Folgendes zur Beachtung dient:
Die saͤmmtlichen Rekruten muͤssen in den ersten sechs Monaten nach ihrer
Einstellung bei den Truppen von den Militair-Aerzten, oder unter spezieller Auf-
sicht und Leitung derselben von den Chirurgen, durch wenigstens 10 Imnpfstiche
auf jedem Arm revaccinirt werden.
Ausgenommen hiervon sind jedoch diesenigen, bei welchen unverkennbare
Narben der schon überstandenen Menschenpocken vorhanden sind, oder welche
durch Impf-Akteste darthun können, daß sie bereits vor ihrer Einstellung, jedoch
nicht länger als zwei Jahre vor derselben mit Erfolg revaccinirt worden sind.
Es muß die bei den Truppen vorzunehmende Revaccination allmälig, und
in sofern die erforderliche Lomphe dazu erlangt werden kann, wo möglich in
wéchentlichen Terminen geschehen. Die einjährigen Frei illigen, die zur Ablö-
sung ihrer Militairpflicht in den Dispensir-Anstalten der Lazarethe angestellten
Pharmaceuten und die den Truppen überwiesenen Chirurgen sind dieser Bestim-
mung ebenfalls unterworfen, in sofern sie sich nicht durch ein Ärztliches Aktest dar-
über ausweisen können, daß sie vor ihrem Eimritt bei den Truppen bereits mit
Erfolg revaccinirt worden sind. w
Die zur Revaccination der Rekruten erforderliche Loymphe muß möglichst
von jugendlichen zum ersten Mal vaccinirten Individuen entnommen werden, da
nach der Erfahrung diese kraͤftiger einwirkt und mehr Schutzkraft besitzt, als die
aus den ihrem Verlaufe und aͤußeren Ansehen nach ächten Vaccinc-Pusteln revac-
cinirter und erwachsener Personen entnommene Lymphe. Zwar sind durch die
mit der letztgedachten Lymphe veranstalteten weiteren Impfungen auch Pusteln, die
in ihrem Verlaufe den ächten gleich waren, erlangt worden; jedoch kann dies
PVerfahren nicht eher allgemein angerathen werden, als bis die weitere Erfahrung
sich dafür ausgesprochen hat. Es sollen daher, und um den häáußg eintretenden
Schwierigkeiten wegen Beschaffung der Lymphe von jugendlichen, zum ersten Mal
vaccinirten Individuen abzuhelfen, die Kinder der Soldaten von keinem Andern,
als von einem Arzte des Truppentheils geimpft und von diesen Kindern der
Impfstoff zur Revaccination der Rekruten entnommen werden.
Diese Anordnung rechtfertigt sich durch den Zweck und wird dadurch u
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