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1. Ist an der Infektionsstelle eln kleines Bläschen entstanden, so ist dasselbe, um die weitere
Verbreitung des hier noch haftenden Conlagiums auf den übrigen Körper und die Einsangung seines
Produkts zu verhalten, mit der Spltze eines scharfen Messers aufzuritzen und dann mit Aetzkali, Höl-
lenstein oder einem andern Aetzmictel, am besten mit ersterem, bis auf den Grund zu zerstdren.
2. Hat sich an der krauken Stelle bereits ein tiefsitzendes Knötchen oder ein Schorf gebilbet,
so mufß ersteres sowohl wie letzterer, bis auf den Grund kreuzweis durchschnitten und jeder Schnttt
nach Außen bis in die umgebende Geschwulst und rothlaufartige Röthe hineingeführe werden. Das
biernach ausfließende Blut läßt man nicht mit den gesunden Theilen in Berührung kommen, sondern
füngt es sogleich mit einem Schwamme auf. Hierauf ätzt man die ganze kranke Parthie, namentlich
aber die gemachten Wunden) mit einem Aetzmittel (am besten Aetzkali) recht gründlich.
l 3. Nach dem Aetzen macht man, wenn blos ein kleines Bläschen oder Knötchen bestanb,
über den kranken Theil Keißig wiederholte Umschläge von einer Auflösung des Chlorkalks ((. C. 100.
ad 3.), wenn aber ein dicker Schorf vorhanden ist, so bestreicht man denselben mit Terpeiehlugalbe
oder mit Terpenthindl (auch Terpenthinöl und Kohlensalbe) und macht Umschläge von gewürzhaften
Krdutern (z. B. Kamillenblumen, Quendel, Pop, Salbei und dergl.) die in kochendem Wasser gebrüht
sind (oder auch von einer Abkochung der Eichenrinde), so lange, bis ker Schorf sich durch Eiterung
ablöst. Das hiernach zurückbleibende Geschwür muß wenigstens noch 14 Tage lang mit einer reizenden
Salbe verbunden und in Eiterung erhalten werden.
4. Zum innerlichen Gebrauche empfichlt man dem Kranken, wenn auch das Uebel erst neu
entstanden ist, und er sich noch ganz wohl fühlt: Fliederthee mit dem Zusatze von etwas Citronen-
saft ober Essig (1—2 Theelöffel voll auf eine Tasse) fleißig zu trinken und sich mäßig warm zu
haleen. Finden sich aber Spuren von allgemeinem Unwohlseyn, besonders Eingenommenheit des
Kopfes, Ukbelkeit rc. 2c.1 so ist allenfalls ein Brechmittel zu reichen, die weitere, der Art und dem
Grade der jedesmaligen Zufälle anzupassende Behandlung sedoch jedenfalls dem Arzte zu überlassen.
b) In Fällen einer Infektion burch den Genußikes Fleisches 2c. von milt-
brankigen Thieren ist gegen die danach eintretenden gefährlichen Krankheitszufälle vollends die
schleunigste Hülfe eines Arztes erforderlich. Bis diese geleistet wird, giebt man dem Kranken, falls
er sich noch nicht erbrochen hat, oder das von selbst eingerretene Erbrechen nur schwach ge esen ist,
ein Brechmittel. Nach gehdrigem Erbrechen reicht man ihm schleimiges Getränk, welches mit soviel
Salzsäure versetzt ist, daß es mäßig sauer schmeckt, und ebenso applizirt man Klystiere von einer
schleimigen Flüssigkeit, die auf dieselbe Weise mit Sure versetzt ist.
Aeußerlich macht man am Unterleibe Einreibungen von Terpenthindl oder von einer slüchti-
gen Salbe, Opobdeldok und dergl. reizenden Mitteln, oder man legt besonders in der Magengegene,
Senfteige auf. Die Anwendung anderer Mittel aber muß auch hier dem Arzte überlassen bleiben.
18. Der Rotz und Wurm.
§. 102. Der Rotz, Pferderotz oder die Rotzkrankhei#t so wie der ganz nahe bamit ver-
wankte Wurm oder Hautwurm sind gefährliche, in der Regel unheilbare ansteckende Krankheiten,
welche nur den Pferden, Eseln und deren Bastarden, den Mauleseln und Maulthieren, eigenthümlich
sind, und sich im Allgemeinen, erstere: durch Ausfluß einer bösartigen Macerie aus der Nase, Ge-
schwüre in derselben und Anschwellung der Lymphdrüsen im Kehlgange (den sogenannten Ganaschen),
letztere durch eigenthümliche, mit einer besonderen Flüsstigkeit gefüllte Knoten ober Beulen an einzelnen
dußeren Theilen des Körpers, bemerklich machen. Beide Uebel entstehen entweder aus sogenannten
inneren Ursachen oder durch Ansteckung, beide existiren bei einem Thiere oft gleichzeitig neben einander
und wenn das Elne eine Zeit lang bestand, gesellt sich oft das Andere hinzu, beide endlich können
durch Uebertragung eines Ansteckungsstoffs auch dem Menschen gefährlich werden. Je nach der Ur-
sache und den sonstigen Umständen ist aber die Gestalt und der Verlauf dieser Krankheiten und
besonderc die des Rotzes, von dem hier zuerst die Rede seyn soll, in den einzelnen Fällen ver-
ieden.
sch 1. Wenn der Rotz bei Pferden 2c. in Folge einer Ansteckung von einem anbern rotz-
kranken Pferde, Esel 2c. entstehe, so bemerkt man zuerst Jegen den dritten bis sechsten Tag nach ge-
schehener Ansteckung an dem Thiere etwas Maktigkeit, Traurigkeit, schnelleren Puls, geschwinderes
Athmen,