(Nr. 8125.) Gesetz über die kirchliche Disziplinargewalt und die Errichtung des Königlichen
Gerichtshofes für kirchlich: Angelegenheiten. Vom 12. Mai 1873.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen r1
verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages, für den Umfang der
Monarchieg einschließlich des Jadegebiets, was folgt:
I. Allgemeine Bestimmungen.
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Die kirchliche Disziplinargewalt über Kirchendiener darf nur von Deutschen
kirchlichen Behörden ausgeübt werden.
S. 2.
Kirchliche Disziplinarstrafen, welche gegen die Freiheit oder das Vermögen
gerichtet sind, dürfen nur nach Anhörung des Beschuldigten verhängt werden.
Der Entfernung aus dem Amte (Entlassung, Vechezung, Suspension, un-
seriwit Emeritirung u. s. w.) muß ein geordnetes prozessualisches Verfahren
vorausgehen.
### allen diesen Fällen ist die Entscheidung schriftlich unter Angabe der
Gründe zu erlassen. *
Die körperliche Züchtigung ist als kirchliche Disziplinarstrafe oder Lucht-
mittel unzulässig. 4
Geldstrafen dürfen den Betrag von 30 Thalern, oder, wenn das ein-
monatliche Amtseinkommen höher ist, den Betrag des letzteren nicht übersteigen.
g. 5.
Die Strafe der Freibeitsentziehung (K. 2.) darf nur in der Verweisung
in eine Demeriten-Anstalt bestehen.
Die Verweisung darf die Dauer von drei Monaten nicht übersteigen und
die Vollstreckung derselben wider den Willen des Betroffenen weder begonnen,
noch fortgesetzt werden. Die Verweisung in eine außerdeutsche Demeriten-Anstalt
ist unzulässig. *
Die Demeriten-Anstalten find der staatlichen Aufsicht unterworfen. Ihre
Hausordnung ist dem Oberpräsidenten der Provinz zur Genehmigung einzureichen.
Er ist befugt, Visitationen der Demeriten-Anstalten anzuordnen, und von
ihren Einrichtungen Kenntniß zu nehmen.
Von der Aufnahme eines Demeriten hat der Vorsteher der Anstalt unter
Angabe der Behörde, welche sie verfügt, binnen 24 Stunden dem Oberpräsidenten
Anzeige zu machen. Ueber sämmtliche Demeriten ist von dem Vorste ergein
er-