XVII. 199
5. Bei den Kollegialgerichten werden die Präsidenten vor Abgabe des Zeugnisses sich von
demjenigen Gerichtemitgliede, dem der Rechtspraktikant zur besonderen Anleitung überwiesen
war, und, sofern er an praktischen Übungen teilgenommen hatte, auch von dem Leiter dieser
Übungen Vortrag erstatten lassen. Die Namen dieser Gerichtsmitglieder sind in dem Dienst-
zeugnis zu bezeichnen, auch ist ausdrücklich zu erwähnen, in welchem Umfange der Rechts-
praktikant zur Bearbeitung einzelner Sachen — einschließlich des Vortrags bei den Beratungen
— beigezogen wurde.
6. In den nach Austritt den Ministerien zu erstattenden Anzeigen ist jede seit dem
Eintritt des Rechtspraktikanten bei der berichtenden Stelle stattgehabte Dienstunterbrechung,
mag sie auf Urlaub, Erkrankung, Militärdienst oder einem anderen Grunde beruht haben,
anzugeben.
II. Besondere Bestimmungen hinsichtlich der einzelnen Beschäftigungszweige.
817.
1. Bei den Amtsgerichten sind die Rechtspraktikanten mit sämtlichen Geschäften in Zivil-
und Strafsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit bekannt zu machen.
2. Zunächst haben sie in der Gerichtsschreiberei Dienste zu leisten und die Kanzleigeschäfte
kennen zu lernen; später sind sie zur Entwerfung gerichtlicher Beschlüsse zu verwenden und
kann ihnen in Anwesenheit und unter Aufsicht eines Richters die Leitung kleinerer Ver—
handlungen übertragen werden. Auch sollen sie in das Kostenwesen eingeführt werden.
3. Die selbständige Ausübung richterlicher Funktionen, insbesondere die Fällung von Er-
kenntnissen, ferner die Abnahme von Eiden und der Vorsitz in Schöffengerichten darf ihnen
nicht überlassen werden.
4. Auf Rechtspraktikanten, welche vom Ministerium gemäß § 11 des badischen Ein-
führungsgesetzes zu den Reichsjustizgesetzen mit Stellvertretung oder Aushilfeleistung bei Amts-
gerichten beauftragt sind, finden diese Beschränkungen keine Anwendung.
818.
1. Den bei einem Notariat beschäftigten Rechtspraktikanten ist Gelegenheit zu geben, sich
mit dem gesamten dienstlichen Wirkungskreis des Notariats bekannt zu machen.
2. Die Rechtspraktikanten sollen zunächst mit den Kanzleigeschäften vertraut gemacht, als
Protokollführer verwendet und sodann mit Fertigung von Entwürfen einzelner Geschäfte
beauftragt werden. In Anwesenheit und unter Aufsicht des Notars kann ihnen die Leitung
kleinerer Verhandlungen übertragen werden. Aufmerksamkeit ist namentlich der Ausbildung
in den Verrichtungen des Nachlaßgerichts, im Urkunden-, Grundbuch= und Vollstreckungswesen
zuzuwenden. Auch sollen die Rechtspraktikanten in das Kostenwesen und den Ansatz von
Stenern, soweit solcher den Notariaten obliegt, eingeführt werden.
3. Die selbständige Vornahme von Geschäften darf den Rechtspraktikanten nicht überlassen
werden. Diese Beschränkung findet auf Rechtspraktikanten, welche als Stellvertreter eines
Notars bestellt oder mit der Verwaltung einer Notarsstelle beauftragt, oder denen sonst die
Befugnisse eines Notars übertragen sind, keine Anwendung.
Gesetzes- und Verordnungeblatt 1907. 33
Amtegericht.
Nolariat.