Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1909. (41)

388 XX. 
Die Temperaturschwankungen lassen sich nur wenig ausgleichen. Durch geeignete Ver— 
fahren können die schwebenden Teilchen entfernt und die etwa vorhandenen Krankheitserreger 
soweit beseitigt werden, daß eine Gefahr praktisch nicht mehr in Frage kommt. 
9. Das durch die Anlage zu liefernde Wasser muß für die Gegenwart und eine nicht 
zu ferne Zukunft den Bedarf an Wasser zu jeder Tages- und Jahreszeit mit voller Sicher- 
heit zu decken vermögen. Auch in der weiteren Entwickelung ist dem sich steigernden Bedarfe 
rechtzeitig und zwar vor dessen Eintritt Rechnung zu tragen. 
10. Der Grundsatz einer einheitlichen Versorgung ist möglichst überall durchzuführen. Ist 
es in Ausnahmefällen nicht möglich, eine für alle Zwecke ausreichende Menge von Wasser nach 
Maßgabe der vorstehenden Anforderungen zu beschaffen, so muß mindestens das Trink= und 
Hausgebrauchswasser den Anforderungen entsprechen. 
Zwingen die Verhältnisse zur Anlage einer besonderen Leitung für Betriebswasser (d. h. 
Wasser zum Straßenwaschen, Feuerlöschen, Gartensprengen, Wasser für gewisse Betriebe, 
Kesselspeisewasser, Industriewasser und ähnliches), so ist sie von der Trink= und Hausgebrauchs- 
wasserleitung vollständig getrennt zu halten und sind, falls das Betriebswasser gesundheitliche 
Nachteile bietet, die Zapfstellen so einzurichten und anzulegen, daß eine mißbräuchliche Be- 
nutzung für Trink= und Hausgebrauchszwecke tunlichst verhindert wird. 
II. Bildung eines Schutzbezirkes. 
11. Sowohl bei Quell= und Grundwasser-, als auch bei Oberflächenwasseranlagen, kann 
die Sicherung eines Schutzbezirkes notwendig werden, einerseits, um das Abgraben oder eine 
sonstige schädigende Entnahme oder Ableitung zu verhindern, anderseits, um eine Infektion, 
Vergiftung oder Verunreinigung des Wassers zu verhüten. 
12. Die Größe, Gestalt und Lage des Schutzbezirkes ist den jeweiligen örtlichen Ver- 
hältnissen entsprechend nach Anhörung von Sachverständigen (Geologen, Wasserversorgungs- 
ingenieure, Chemiker, Hygieniker u. s. w.) festzusetzen. 
13. Soweit geeignete Wassergewinnungsstellen oder Schutzbezirke nicht freihändig zu 
Eigentum erworben oder in einer anderen, dauernd sicheren Weise geschützt werden können, 
empfiehlt es sich, die Verleihung des Enteignungsrechts zu beantragen. 
Unter Umständen gewährt der Erlaß polizeilicher Anordnungen, durch welche innerhalb 
eines Schutzbezirkes tiefere Aufgrabungen (Schürfungen, Ausbaggerungen, Steinbrüche, Berg- 
bau u. s. w.), die Erzeugung, Ansammlung oder Lagerung nachteilig auf das Wasser einwirkender 
Stoffe oder die Einleitung häuslicher, städtischer oder industrieller Abwässer in Gewässer ver- 
boten oder beschränkt werden, ausreichenden Schutz. Auch läßt sich bei Flurregulierungen oft 
von vornherein ein Schutzbezirk schaffen. 
Es liegt im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege, daß Anträge auf Erteilung des 
Enteignungsrechts zur Erwerbung von geeigneten Wassergewinnungsstellen und Schutzbezirken 
oder auf Erlaß der im Absatz 2 bezeichneten polizeilichen Anordnungen tunlichst Berück- 
sichtigung finden.
	        
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