Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1913. (45)

134 IX. 
Aufnahme nicht arbeitender Gefangener mit einer Strafzeit von höchstens zwei Wochen bestimmt 
sind, beträgt das Mindestmaß des Luftraums elf Kubikmeter, das Mindestmaß der Lichtfläche 
ein halbes Quadratmeter. Jedes Zellenfenster wird so eingerichtet, daß es in der Regel ganz, 
mindestens aber zur Hälfte geöffnet werden kann. 
Räume, welche zum gemeinschaftlichen Aufenthalte bei Tag und bei Nacht dienen, werden in 
der Regel nicht stärker belegt, als daß auf jede darin untergebrachte Person ein Luftraum 
von sechzehn Kubikmetern entfällt. In gemeinschaftlichen Schlafräumen beträgt in der Regel 
der auf die Person entfallende Luftraum nicht weniger als zehn, in gemeinschaftlichen Arbeits- 
räumen nicht weniger als acht Kubikmeter. 
§5 3. 
Während des Strafvollzugs ist mit Strenge, Gerechtigkeit und Menschlichkeit, sowie ohne 
willkürliche Bevorzugung, unter Berücksichtigung der Eigenart der Sträflinge darauf hinzu- 
arbeiten, daß mit der Zufügung des gesetzlichen Strafübels und der Aufrechterhaltung der 
Ordnung und Zucht sittliche Besserung, Erhaltung der Gesundheit und Fortbildung der Sträf- 
linge verbunden ist. Daneben ist bei jugendlichen Gefangenen der Erziehungszweck zu berüch 
sichtigen. 
Eine strengere Behandlung der Züchtlinge und öfters vorbestrafter Gefängnis= und Haft— 
gefangener hinsichtlich der Arbeitsleistungen, Arbeitsbelohnungen, Vergünstigungen und Dis- 
ziplinarstrafen ist nicht ausgeschlossen. 
Der Schutzfürsorge für zu Entlassende ist volle Aufmerksamkeit zu schenken. 
8 4. 
Die Kreis- und Amtsgefängnisse sowie das Gefängnis für Festungshaft sind den be— 
treffenden Amtsgerichten, am Sitz einer Zentralstrafanstalt jedoch dieser unterstellt. 
Die Zentralstrafanstalten unterstehen Direktoren. An jeder solcher Anstalt besteht ferner 
ein Aufsichtsrat, der sich dauernd über die Behandlung und Beköstigung der Gefangenen ver- 
lässigt und die ihm vom Justizministerium sonst noch übertragenen Geschäfte erledigt. Er 
besteht aus dem Direktor, Verwalter, Arzt, den Anstaltsgeistlichen und dem dienstältesten An 
staltslehrer, aus zwei bis fünf vom Justizministerium ernannten Ortseinwohnern, die nicht 
im aktiven Staatsdienst stehen, und einem Vorsitzenden, den das Justizministerium aus der Zahl 
der zum Richteramt befähigten Beamten ernennt. Andere Anstaltsbeamte können mit be- 
ratender Stimme beigezogen werden. 
Die obere Aufsicht über den Vollzug der Freiheitsstrafen und die obere Leitung der 
Zentralstrafanstalten, der Kreis= und Amtsgefängnisse und des Gefängnisses für Festungshaft 
steht dem Justizministerium zu. Dasselbe hat auf Grund dieser Verordnung die erforder- 
lichen Instruktionen für die Aufsichtsräte, Dienstweisungen für die Beamten und Bediensteten 
der Strafanstalten und Hausordnungen für die letzteren zu erlassen, sowie auch die An-
	        
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