Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1885. (12)

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Ueberdieß liegt aber noch ein weiteres Moment vor, welches mit Nothwendigkeit zu 
der gleichen Annahme führen muß. 
Durch die Urtheile des k. Handelsgerichts Passau vom 7. September und 31. No- 
vember 1878, dann der zweiten Civilkammer des k. Landgerichts Passau vom 23. Juni 1880 
ist bereits rechtskräftiger Ausspruch darüber ergangen, daß das Bankhaus Pummerer in 
Passau als Zahlungsstelle im Sinne jener Vertragsbedingungen zu gelten habe, und daß 
dort die fraglichen Schuldverschreibungen und Coupons zur Einlösung zu bringen seien. 
Diese Urtheile sind, schon ehe der Vertrag zwischen der Franz-Josephs-Bahn-Gesell- 
schaft und dem österreichischen Staat zum Abschluß kam, in der Richtung gegen Erstere 
als vollstreckbar erklärt gewesen. 
Nach dem am judicatmäßigen Erfüllungsorte Passau subsidiär geltenden gemeinen 
Rechte ist es nun ein civilrechtlicher Grundsatz, daß jede Obligation durch rechtskräftiges 
Urtheil insofern eine Art von Novation erfährt, als die Verbindlichkeit ad praestandum 
sich zur obligatio judicatum solvi gestaltet. 
Diese Verbindlichkeit zur Erfüllung der fraglichen richterlichen Urtheile, denen gegen- 
über nach Art. 8 des Gesetzes vom 18. August 1879 die Erhebung des Kompetenzkonflikts 
bereits ausgeschlossen ist, begründet aber nicht allein die Verpflichtung, dem Urtheile materiell 
Genüge zu leisten, sondern auch zu diesem Behufe Mangels freiwilliger Leistung den voll- 
streckenden Gerichtsbann über sich ergehen zu lassen. 
(Wächter, Erörterungen aus dem römischen und deutschen Privatrecht, 
Heft 3 S. 50.) 
Auch diese modifizirte Verbindlichkeit ist nach ihrer Begründung auf den öster- 
reichischen Staat übergegangen. 
Indem aber der Rechtsgrund dieses Uebergangs wiederum in der geschehenen frei- 
willigen Uebernahme aller Verbindlichkeiten der Franz-Josephs-Bahn-Gesellschaft wurzelt, 
liegt auch hierin abermals eine freiwillige Unterwerfung unter die Jurisdiktion 
derjenigen Gerichte, welche jene rechtskräftigen Urtheile erlassen haben und zwar um so 
mehr, als nach Lage der Verhältnisse dem österreichischen Staat Kenntniß von den im 
Auslande wegen der bekannten Valutastreitigkeiten durchgeführten Prozessen nicht gefehlt 
haben konnte.
	        
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