Der Generalstaatsanwalt stellte und begründete den Antrag, die Gerichte für un—
zuständig zu erklären.
Eine Streitigkeit zwischen den Gerichten und den Verwaltungsbehörden über die Zu—
lässigkeit des Rechtswegs liegt in der That vor, weil das Landgericht München I, wenn es
auch noch kein Urtheil auf die Klage erlassen hat, doch durch den die Urtheilsfällung vor—
bereitenden und im Widerspruche mit dem Antrage des beklagten Fiskus, die Klage wegen
der Unzuständigkeit der Gerichte abzuweisen, erlassenen Beweisbeschluß deutlich zu erkennen
gab, daß es seine Zuständigkeit für die Entscheidung der Sache in Anspruch nimmt.
In der Sache selbst ergab sich, daß der Rechtsweg zulässig ist. Wie in einer Mehr—
zahl von Urtheilen des Obersten Gerichtshofs und des Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte
(Reg.-Bl. 1852 S. 825, 1863 S. 569, Ges.= und Verordn.-Bl. 1882 Beilage II,
1884 Beilage 1) ausgesprochen und von der Regierung in der Denkschrift vom 15. Jannar d. J.
ausdrücklich anerkannt ist, kann ein Beamter, der für einen Defekt haftbar gemacht wurde
und den Ersatz geleistet hat, eine Klage auf Erstattung des Gezahlten erheben, falls er die
Klage auf einen privatrechtlichen Befreiungsgrund zu stützen vermag. Der beklagte Fiskus
bestreitet die Zuständigkeit der Gerichte für die Entscheidung über die vom Regierungsrathe
Burkart erhobene Klage auf Erstattung der von ihm geleisteten Zahlung um deßwillen, weil
die Klage nicht auf einen Grundsatz des Privatrechts, sondern nur auf die Behauptung der
Unrichtigkeit des Haftungsbeschlusses sich gründe.
Bei der Entscheidung dieses Streitpunktes muß davon ausgegangen werden, daß für
die rechtliche Natur einer Klage und hiemit auch für ihre Zulässigkeit nur die Behauptungen
maßgebend sind, auf welche sie sich gründet, und daß die Frage, ob die in der Klage auf-
gestellten Behauptungen thatsächlich richtig und erweislich sind und ob sie nicht mit zweifellos
feststchenden Umständen im Widerspruche stehen, zwar für den Erfolg, nicht aber für die
Zulässigkeit der Klage von Bedentung ist.
Der Regierungsrath Burkart hat in der Klage seinen Erstattungsanspruch auf die
Behauptung gestützt, daß die Unterschleife des Amtsgehilfen Kuchenbauer, welche bewirkten,
daß ein Theil der abzuliefernden ärarialischen Gelder in der Rentamtskasse fehlte, mit solcher
Schlauheit begangen und verdeckt wurden, daß der Kläger sie weder verhüten noch alsbald
entdecken konnte. Deshalb wird in der Klage der Kassendefekt auf einen bloßen Zufall
zurückgeführt, den der Kläger nicht zu vertreten habe. Hierin ist die Geltendmachung eines
civilrechtlichen Befreiungsgrundes insofern zu erblicken, als nach dem Civilrechte der Schuldner
von der Verpflichtung zu einer Leistung dadurch frei werden kann, daß ihm die Leistung
durch einen Zufall unmöglich wird.
Daß der Kläger zulässiger Weise seinen Erstattungsanspruch daraus ableiten könnte,
daß der ihm zur Last gefallene Kassendefekt durch einen Zufall verursacht wurde, ist in der