Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1909. (36)

22 
oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder reichsgesetzlich besondere Gerichte bestellt oder 
zugelassen sind,“ wie aus der Begründung des § 2 des Entwurfes des Gesetzes hervorgeht, 
von Anfang an in dem Sinne gemeint war, daß in jedem Bundesstaate neben dem 
Reichsrecht auch das Landesrecht zu bestimmen hat, welche Rechtssachen als bürgerliche 
Rechtsstreitigkeiten und welche als Gegenstände der Verwaltung oder der Verwaltungsrechts- 
pflege anzusehen sind (vgl. auch Hauser in seiner Zeitschrift für Reichs= und Landesrecht 
Bd. 4 S. 242). Es ist zwar für die ehemaligen Länder des französischen Rechtes die 
Bestimmung in Teil II Artikel 13 des Dekrets der französischen konstituierenden National- 
versammlung vom 16•. An ust 1790 über die Gerichtsverfassung, die den Richtern jeglichen 
9 — 
Eingriff in die Tätigkeit und Bewegungsfreiheit der Verwaltungsbehörden untersagt, von 
der Einführung des deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und der deutschen Ziovilprozeß= 
ordnung nicht unberührt geblieben (Petersen-Remelé-Anger, die Z3PO. 5. Aufl. 
Bd. 2 S. 804 zu § 4 des Ec. z. ZPO.; Mayer, Theorie des französischen Ver- 
waltungsrechts S. 93 ff., namentlich S. 95 Note 11). Allein es gilt, ganz abgesehen 
von jener Bestimmung, ohnehin auch in den übrigen Teilen Bayerns nach der Recht- 
sprechung und der Rechtslehre (Entscheidungen des Kompetenzsenats des Obersten Gerichts- 
hofs vom 20. Juli 1858, Reg.-Bl. S. 1036, 18. September 1865, Reg.-Bl. 
S. 1073, 2. Juli 1867, Reg.-Bl. S. 883, und 22. Dezember 1868, Reg.-Bl. 1869 
S. 82; Seuffert, Kommentar über die bayer. Gerichtsordnung 2. Aufl. Bd. 1 
S. 203, 207, 209; Krais in den Bl. f. adm. Praxis Bd. 33 S. 71 ff.; Hauser 
in seiner Zeitschrift Bd. 4 S. 265 ff., namentlich S. 271, 289, 292, 295; 
von Seydel a. a. O. S. 587) als anerkannter Grundsatz, daß die Gerichte den Ver- 
waltungsbehörden nicht übergeordnet und darum nicht befugt sind, über die Notwendigkeit, 
Zweckmäßigkeit, Pflichtmäßigkeit oder Gesetzmäßigkeit amtlicher Handlungen oder Unter- 
lassungen einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden. Dies trifft namentlich dann zu, wenn 
wie im vorliegenden Falle ein privatrechtlicher Anspruch geltend gemacht wird mit der Be- 
gründung, es sei ein subjektives Recht durch die Ausübung der Staatsgewalt verletzt 
worden, die bei Handhabung eines staatlichen Hoheitsrechts zur Pflege der allgemeinen 
öffentlichen, nicht bloß der finanziellen Interessen des Staates erfolgt ist, wenn vom 
Standpunkt einer angeblichen Gerechtsame aus gegen eine im öffentlichen Interesse erlassene 
Verfügung der Administrativgewalt Einspruch erhoben werden will (Entsch. des Kom- 
petenzsenats des Obersten Gerichtshofs vom 30. März 1857, Reg.-Bl. S. 377; 
Mayer a. a. O. S. 156, 157, 291). Die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen 
Aktes der Staatsverwaltung bildet unter solchen Umständen nicht bloß eine Vorfrage für 
das Urteil über einen privatrechtlichen Anspruch, sondern es ist dann überhaupt die objektive 
Möglichkeit der Entstehung und des Bestehens eines privatrechtlichen Anspruchs von der 
6# 
—
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.