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der Kläger die von ihm behaupteten Tatsachen gebracht und welche rechtliche Folgerungen er
daraus gezogen hat.
Die Kläger gründen ihren Anspruch zunächst auf die Tatsache, daß ihrer Familie seit
unvordenklicher Zeit das Patronat in Ansehung der protestantischen Kirche zu Altenschönbach
zusteht. Als Gegenleistung für die Erfüllung der mit dem Patronate verbundenen Ver-
pflichtungen habe sie unter anderem das Ehrenrecht des besonderen Kirchenstandes zu bean-
spruchen. Dieses Recht habe die Familie stets besessen und ausgeübt. Das Patronat sei
noch jetzt mit manchen Leistungen, insbesondere für die Besoldung des Pfarrers und des
Mesners, belastet und sein Bestand habe dadurch eine Anderung nicht erfahren, daß im
Jahre 1878 die Verpflichtung der Familie zur Tragung der Baulast in Ansehung der
Kirche abgelöst wurde. Im übrigen wenden sich die Kläger nicht etwa gegen eine kirchen-
polizeiliche Verfügung über die Verteilung der in der Kirche vorhandenen Plätze, sondern
sie beanspruchen, daß ihr ausschließliches Recht auf die Benutzung des Kirchenstandes als
Bestandteil ihres Patronats anerkannt werde.
Daß das Kirchenstuhlrecht ein Ausfluß des Patronats sein kann, ist allgemein aner-
kannt. Den Jnhalt des Patronats bildet eine Reihe von Rechten des Patrons, denen
gewisse Verpflichtungen des kirchlichen Verbandes gegenüberstehen. Zu den Rechten gehört
der Ehrensitz des Patrons (honor sedis) in der Kirche (Hinschius, Kirchenrecht Bd. 3
S. 7 ff.; Permaneder-Silbernagl, Handbuch des kathol. Kirchenrechts S. 433;
Meidinger, Recht an Kirchenstühlen 1891 S. 41).
Die Kläger behaupten ferner, das von ihnen beanspruchte Kirchenstuhlrecht habe seinen
Entstehungsgrund übrigens auch in langjähriger Ausübung eines „Gebrauchs= und Besitz-
rechts (quasi possessio)“" und machen geltend, es sei ein durch Verjährung erworbenes
Privatrecht dinglicher Natur, über dessen Bestand die Gerichte zu entscheiden hätten.
Für die Entscheidung über die Zuständigkeit ist dieses Vorbringen nur insofern von
Belang, als es die Behauptung der Tatsache langjährigen Gebrauchs und Besitzes enthält;
ohne Belang ist es, soweit daraus Folgerungen für das rechtliche Wesen des beanspruchten
Rechtes gezogen werden. In der Rechtsprechung und in der Rechtslehre ist allerdings an-
erkannt, daß das Kirchenstuhlrecht auch auf privatrechtlichen Titeln, insbesondere auf lang-
jährigem Besitz und Gebrauche, beruhen kann (Entsch, des Reichsgerichts in Zivils. Bd. 7
S. 136; Bl. f. Rechtsanw. Bd. 50 S. 257; Samml v. Entsch, d. Verw.GH. Bd. 25
S. 278; Roth, Bayer. Zivilrecht 1. Aufl. Bd. 2 S. 107; von Stengel, Waörter-
buch des deutsch. Verwaltungsrechts Bd. 1 S. 737). In solchen Fällen haben die landes-
gesetzlichen Vorschriften Anwendung zu finden, die nach Artikel 133 des Einführungsgesetzes
zum Bürgerlichen Gesetzbtuche vom Inkrafttreten dieses Gesetzbuchs unberührt und auch nach
Artikel 1 des Ausführungsgesetzes in Geltung geblieben sind; es kann daher die Zuständig-