Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1909. (36)

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keit der Gerichte begründet sein. Diese Gesichtspunkte sind jedoch außer Betracht zu lassen, 
weil das beanspruchte Recht in erster Linie aus dem Patronat abgeleitet und dieser Klage— 
grund neben dem des langjährigen Besitzes und Gebrauchs aufrechterhalten ist. Besitz und 
Gebrauch können auch die Wirkung des Patronats gewesen sein. Es ist deshalb auch auf 
die vom Landgericht erörterte Frage nicht einzugehen, ob die Freiherrlich von Crails- 
heimsche Gutsherrschaft bei der Ausübung des Besitzes und bei der Benutzung des Kirchen- 
standes den Willen hatte, ein vom Patronat unabhängiges „Zivilrecht“ auszuüben. 
Das Landgericht hält den Rechtsweg für unzulässig, weil das Patronat, aus dem der 
durch die Klage geltend gemachte Anspruch abgeleitet wird, dem öffentlichen Rechte angehöre. 
Die Gerichte sind allerdings in der Regel nicht zuständig, über Ansprüche zu entscheiden, 
die ihren Grund im öffentlichen Rechte haben. Allein diese Regel kann, wie in der Literatur 
und in der Rechtsprechung anerkannt ist, Ausnahmen haben; es ist insbesondere in Bayern 
möglich, daß die Gerichte auch zur Entscheidung von Streitigkeiten über Verhältnisse des 
öffentlichen Rechtes und die Verwaltungsbehörden auch zur Entscheidung bürgerlicher Rechts- 
streitigkeiten berufen sind (von Seydel, Bayer. Staatsrecht 2. Aufl. Bd. 1 S. 585 
Anm. 7; Hauser, Zeitschrift für Reichs= u. Landesrecht Bd. 4 S. 241 ff.; Seuffert, 
Kommentar zur bayer. Gerichtsordnung Bd. 1 S. 165; Bl. f. Rechtsanw. Bd. 11 
S. 330; Reger-Dyroff, das bayer. Verwaltungsgerichtsgesetz 4. Aufl. S. 350.) 
Das Gerichtsverfassungsgesetz hat nach § 13 diesen Rechtszustand unberührt gelassen; dafür, 
ob für gewisse Rechtsstreitigkeiten die Gerichte oder die Verwaltungsbehörden zuständig sind, 
bleibt daher das Landesrecht maßgebend (Hauck, Gerichtsverfassungsgesetz S. 33; Stenogr. 
Berichte des Reichstags 2. Legisl.-Periode IV. Sess. 1876 Bd. 1 S. 189). 
Das Patronat ist nach seiner Herkunft und seinem Wesen als ein dem öffent- 
lichen Kirchenrecht angehörendes Recht anzusehen (Hinschius, Kirchenrecht Bd. 3 S. 7 
Anm. 2; Dove in Bluntschlis Staatswörterbuch Bd. 7 S. 763, 765; Entsch, des Reichs- 
gerichts in Zivils. Bd. 63 S. 23). Die Entscheidung von Streitigkeiten über das Patronat 
als ein „jus Spirituali annerum“ war ursprünglich vom kanonischen Rechte den geistlichen 
Gerichten zugewiesen, aber seit etwa zwei Jahrhunderten ist die Gerichtsbarkeit in vielen 
deutschen Staaten auf die staatlichen ordentlichen Gerichte übergegangen (Dove a. a. O. 
S. 771; Sarwey, das öffentl. Recht u. die Verwaltungsrechtspflege S. 336; Entsch. 
des Reichsgerichts in Zivils. Bd. 31 S. 243, Bd. 43 S. 172, Bd. 62 S. 220). In 
Bayern ist dies für die Gebietsteile, in denen das Preußische Allgemeine Landrecht galt, 
kraft der Vorschrift im Teil II Tit. 11 8§ 577 dieses Gesetzbuchs geschehen (Samml. v. 
Entsch. des Oberst. Gerichtshofs Bd. 2 S. 101, Bd. 4 S. 439, Bd. 6 S. 787). 
Der Grund liegt darin, daß mit dem Patronate Verpflichtungen des Patrons zu Leistungen 
für kirchliche Zwecke und häufig auch Befugnisse in Ansehung der Verwaltung des Kirchen-
	        
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